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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 5
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Reiter, Joseph: Die alten Wandgemälde in der Pfarrkirche zu Eutingen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0050

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kieransgeaeben und redigiert von Universitäts-Professor Dr. L. Lanr in Tübingen.
Eigentum des Uottenbnrger Diözesan-Kuustvereius;

Kommissions-Verlag und Druck der Ukiien-Gesellschaft „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.25 ohne
r’ Bestellgeld. Durch den Buchhandel sowie direkt von der Berlagshandlnng JQI4-*
* D* Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart pro Jahr M. 4.50. ^ '

Die alten Wandgemälde in der
Pfarrkirche 311 Eutingen.

Von Dekan Reiter.

(Fortsetzung und Schluß.)

Widmen wir nun nufere Betrachtung
der zweiten Klasse der ansgedeckten
Wandgemälde. Vom Chorbogeil hängt
ein großes Krenz herunter, mit einem
schönen Bilde des Gekreuzigten, in alt-
deutscher Auffassung und Behandlung.
Ans der Wandfläche rechts neben ihm,
also ans der Evangelienseite, kniet Maria,
links von ihm Johannes der' Tänser.
Der Raum hinter Maria ist in zwei
Hälften geteilt. Im obereil Feld sieht
man ans bläulich weißem Grnnd Heilige,
wohl auch Et. Joseph, verschiedene
Engelsköpfe, einen Engel mit der Geißel-
sänle und eineil mit einer „Posaune".
Die untere Hälfte, von der oberen durch
lichte Wolken abgefchlossen, zeigt ans
gelblichem Grunde ein weites Gräber-
feld : einige Verstorbene rageil ans dem
Grabe, einige sind anferstanden, zwei der
Entschiasenen werdeil je durch einen
Engel aus bem Grabe vollends herans-
gesührt, uiid etil Eilgel holt eine Seele
ans dem Fegsener, welches ganz iiahe
an der Nordwand, und zwar gaiiz klein
dargestellt ist zur Belehrung, daß nach
bem allgemeinen Gericht das Fegsener
aufhört. Die Fläche auf der Epiftelseite,
gegen Silben, ist ähiilich eingeteilt wie
die gegen Norden, nur ist der Abschluß
hier diirch schwarze düstere Wolken voll-
zogen. Hinter Johaiines dem Täufer
Heilige und Engel; unter ihnen ein Bild
von hochdramatischem Charakter. Der

Höllenrachen ist iveit, weit geöffnet und
hat schon verschiedene Verdamvlte ver-
schlungen, daneben aber verschiedene gro-
teske Tiere, welche die verzweifelten Ge-
stalten der Hölle überliefern fi. Das Schau-
spiel ist durch den Altar etwas verdeckt
und kann deshalb nicht genau gesehen
werden. Die Vermutung, daß die Tiere
die einzelnen Sünden, vielleicht die sieben
Hauptsünden, symbolisieren sollen, dürfte
nicht unbegründet sein. Es wäre dann
gesagt, daß die Sünde zur Hölle führe,
während der Gedanke, daß sie aus der
Hölle stammt, durch das aus bem Höllen-
rachen herauskommende Tier zum Aus-
druck gebracht sein könnte. Die Manier,
die Hölle als einen großen Rachen dar-
znstellen, ist sehr alt; wir finden biefeu
Rachen bei vielen alten Darstellungen des
jüngsten Gerichts und auch sonst bei Aus-
zählung der vier letzten Dinge, wie wir
das im Gallnskirchlein bei Mühlheim an
der Donau und in der Gottesackerkapelle
zu Vierlingen beobachtet zu haben glauben.
Die ganze Ansfassung lehnt sich an die
Schilderung an, welche im 41. Kapitel des
Buches Job von dem Leviathan ent-
worfen ist, in welcher es unter anderem
heißt: „Rings um seine Zähne ist der
Schrecken, aus seinem Rachen schießen
Fackeln wie sprühende Feuerfunken. Glut
strömt aus seinem Rachen und vor ihm
geht Entsetzen her."

Man kann fragen, ob nicht bei unserer
Gerichtsdarstellung über Maria und Jo-
hannes auch Christus als Weltrichter dar-

*) Die Tiere waren ursprünglich wohl alle
gekrönt nach Apok. 12. 3.
 
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