Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Schäfer: Ueberreste der romanischen Kirche in Unterbrändi und deren Geschichte
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0009

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ist derselbe in seinem unteren Raum am I
besten erhalten. Derselbe hat einen ge-
radlinigen Abschluß und ist 5,3 Meter
breit und ebenso tief, bildere somit ein
vollständiges Quadrat. Alls einigen
Rissen in der östlichen Wand wie aus ge-
ringen Mauerresten außerhalb derselben
möchte man allerdings schließen, daß der
Chor noch eine Ausbuchtung — Apsis
oder Concha — hatte. In den vier Ecken
desselben steht je eine schlanke, schlichte
Rundsäule mit einfacher Basis und Wür-
felkapitell. Eines der letzteren hat noch
gut erhaltene, reliefierte Blattornamente.
Die Säulen haben in der Mitte Schaft-
ringe, wahrscheinlich weniger zur Zierde,
als vielmehr um die Zusammensetzung
aus zwei Stücken zu verhiillen.

Auf der linken oder nördlichen Seite
des Chors befindet sich eine Türöffnung
mit flachem Spitzbogen, die in einen fünf
Meter langen und etwa 2—3 Meter
breiten Raum führt, der offenbar ein-
stens als Sakristei diente. Derselbe hat
zwei trefflich erhaltene Kreuzgewölbe.
Nippen, Gurten und Schlußsteine sind
zwar einfach, aber zeigen sorgfältige
Ausführung und kräftigen Ausdruck.
Einer der Schlußsteine hat als Orna-
ment drei Sterne, ohne Zweifel das
Wappen der ehemaligen bedeutenden
Herrschaft von Sterneck, das nur zwei
Kilometer von Unterbrändi entfernt liegt
und noch ansehnliche Reste einer umfang-
reichen Burg auf einem Bergvorsprung
aufweist.

Zwischen Chor und Schiff ist nunmehr
eine Scheidewand aufgeführt; aber den-
noch ragt der runde Chorbogen, besonders
in seinen oberen Teilen, mit einigen
Profilen aus der Wand recht deutlich
hervor. Ta der Bogen ganz in die Decke
des oberen Einbaues hineinsticht, ist an-
zunehmen, daß die Umfassungsmauern
der einstigen Kirche höher waren alv die
jetzigen des profanen Gebäudes.

Das ehemalige Langhaus zeigt in
seinem Innern nichts Besonderes mehr.
Dasselbe war offenbar einschiffig und
etwa 12 Meter lang und 8—9 Meter
breit. Die Fenster im Schiff wurden teils
zugemauert, teils derart abgeändert, daß
auf ihre frühere Gestalt kein Schluß
mehr gezogen werden kann. An der west-

lichen Wand ist der Haupteingang er-
halten; er hat Spitzbogenform.

Die Außenwände sind durchweg glatt,
aber an denselben mehrere Steinmetzzei-
chen sichtbar und im Innern an einer
hervortretenden Stelle zweifellos ein
Meisterzeichen in Form eines lateini-
schen 1, unten mit Haken. Soweit man
aus dem Pfafond in dem jetzigen Wohn-
haus schließen darf, hatte Chor und
Schiff flache Deckung, und letzteres wahr-
scheinlich eine Holzdecke mit ganz ge-
ringer Wölbung (Balken sind noch sicht-
bar).

Diese Kirche war nicht groß und hatte
eine einfache und harmonische Anlage;
aber immerhin dürfte sie für die dama-
lige Zeit eine nicht unbedeutende, sicher
eine stilvolle und solid gebaute Dorf-
kirche im spätromanischen Stil mit schö-
nen Verhältnissen gewesen sein.

Von wem und wann die Kirche in
Unterbrändi erbaut wurde, darüber
geben die Urkunden keine Auskunft;
allein die vielfachen Beziehungen dersel-
ben zum Kloster Alpirsbach lassen ver-
muten, daß sie letzterem ihre Entstehung
zu. verdanken hatte, und da dieselbe dem
spätromanischen oder Uebergangsstil an-
gehört, ist mit Sicherheit anzunehmen,
daß sie in die erste Hälfte des 13. Jahr-
hunderts zu datieren ist.

Tie Geschichte der Kirche von
Unterbrändi reicht bereits hinauf bis
zum genannten Zeitabschnitt. Ursprüng-
lich war der Kirchensatz (Patronat) zuerst
gräflich Sulzisch, erscheint wenigstens im
Besitz der Grafen von Geroldseck, der
Rechtsnachfolger der Grafen von Sulz.
(Geroldseck ist jetzt noch eine Schloß-
ruine 2y2; Kilometer südwestlich von ge-
nannter Stadt.) Johann von Gerolds-
eck verkaufte seine Rechte an dem Kirchen-
satz und Kirchengut von Unterbrändi den
8. Mai 1300 an Hans von Brandeck.

Die Herren von Brandeck, deren
Stammburg auf der Markung der Stadt
Dornhan stand, waren über 200 Jahre
Besitzer bezw. Lehensherren der Herr-
schaft von Sterneck, mit welcher Unter-
brändi aufs engste verbunden war.
Nach dem Aussterben der Herren von
Brandeck — der letzte hieß Volkmar —
1 1549 ging Sterneck an den Georg von
 
Annotationen