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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 1
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Schäfer, ...: Ueberreste der romanischen Kirche in Unterbrändi und deren Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0011

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8

rer, wie sehr der Oberwogt ihn bedrücke.
Im Pfarrhaus waren damals vier bis
fünf Familien einquartiert, und der Pfar-
rer mußte mit einer elenden Privatwoh-
nung vorlieb nehmen. Er klagte über
den ärmlichen Zustand der Kirche und
des Pfarrhauses und daß ihm auf die
sanftmütigsten Vorstellungen gesagt
werde, es gehe weder ihn noch den Bischof
etwas an, und eben darum lasse man
ihm zuleide nichts machen. Keinen Kreu-
zer gebe man ihm, ehe er nicht zwanzig-
oder dreißigmal untertänigst darum
bitte. Sein Wohnzimmer sehe aus lote
ein alter Meisenschlag, und seine Magd
müsse auf der Bühne unter dem Dach
logieren, was alles, wenn der Sultan
visitieren und darüber indizieren möchte,
zur Barmherzigkeit gegen ihn bewegen
würde. Er müsse notwendigerweise an
Seele und Leib verderben. Des Pfarrers
Gehalt betrug 164 fl., täglich eine Maß
Bieringer Wein und das nötige Holz.
Der Mesner erhielt mehr als der Pfar-
rer; der damalige war ein Vetter des
Vogts. Dieser verwendete die Einkünfte
der Herrschaft zur Bezahlung seiner
Schulden, lieber denselben wird auch ge-
klagt, daß er den Breitenauer Schulmei-
ster iibel mißhandelt und zu allerlei un-
würdigen Geschäften gezwungen habe,
wofür er einen ernstlichen Verweis er-
hielt.

Die beweglichen Klagen scheinen nicht
viel gefruchtet zu haben, denn sie wieder-
holen sich oft. 1749 war der Pfarrer im
Wirtshaus einquartiert, und er beklagte
sich darüber, daß er sofort Pis demselben
ausziehen sollte. Schließlich drohte der
Geistliche mit seiner Abreise, ging aber
nicht.

Verschiedene katholische Beisaßen wur-
den 1750 ausgewiesen. Pfarrer Lieb
umging die Bestimmungen dadurch, daß
möglichst viele katholische Personen ins
Pfarrhaus und zwei Haushaltungen ins
Mesnerhaus einqnartiert wurden.

1763 wollte ein Meier zu Geroldswei-
ler, der eine Katholikin zur Frau hatte,
seine Kinder katholisch erziehen lassen.
Es wurde angeordnet, daß diese Kinder
evangelisch erzogen werden, „weilen die-
ses den diesseitigen Landesgrundgesetzen
gemäß seien und es hierunter nicht auf

des Stockburger und seines Eheweibs
Privatwillkür ankomme".

In demselben Jahre gab die Regie-
rung die Erlaubnis zum Bail eines
neuen Pfarrhauses samt Scheuer; das
Holz sollte aus dem Heiligenwald und
das Geld vom Heiligen genommen
werden.

1757 waren im Lehen noch 62 Katho-
liken.

1769 und in anderen Jahren wurden
wiederholt Einmischungen der Konstan-
zer Kurie zurückgewiesen. In diesem
Jahre und 1766 wurde der Priester Lieb
w'egen Personalklagen nach Konstanz
zitiert, ihm aber von der Regierung
untersagt, dorthin zit gehen, da Konstanz
sich keinerlei „Eingriffe in die württem-
bergischen Rechte" anmaßen sollte.

An: 26. November 1768 forderte Ober-
amtmann Sieger in Dornhan von Pfar-
rer Lieb Rechenschaft darüber, warum er
ohne Vorwissen des Oberamts in den
Heiligenwaldnngen sechs Gestöhr Floß-
holz habe hauen und verschiedene Bäume
zum Harzen anreißen lassen. In seinem
Antwortschreiben gibt der Pfarrer Lieb
zu bedenken, „in was für Umständen sich
die sabrica befindet; denn erstlich sei schon
vor 2—3 Jahren dekretiert, daß an der
Kirche, Pfarr- und Mesnerhaus vieles
sollte renoviert werden; der Unkosten be-
lause sich auf 260 fl., zu diesem komme
neuerdings der Tabernakel in der Kirche;
auch sei die Kuppel an dem Kirchturm
also schadhaft, daß man überall dadurch
hinaussehe, ilnd wenn man in temporn
nicht dazu tue und denselben nicht frisch
decklattet, der durchdringende Regen auch
die Sparren verfäulet, daß der ganze
Dachstnhl muß abgehoben und der Ohn-
kosten vergrößert werden". — Und wenn
man mir auch vorwerfen will, ich hätte
aus eigener Macht in den Heiligenwal-
dungen Holz fällen lassen, so wollt ich
erwidern, daß ich es andern nachgemacht;
denn wenn ein Herr Spezial zu Sulz,
desgleichen ein Herr Pfarrer, ja sogar ein
Schulmeister zu Fürnsal unserem Heili-
gen Decrete ausstellen, so sollte ich doch
auch soviel Macht haben, dem Heiligen
etwas zunutze zu tun. Unser hiesiger
Heiliger hat nicht nötig, daß ein jeder zu
seinem Schaden decretiere. Er hat meh-
 
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