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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 3
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Schöninger, Artur: Krieg und Kunst: aphoristische Gedanken des interimistischen Redakteurs
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0061

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Nach der technischen Seite hin hat
die Kriegskunst künstlerische Bestre-
bungen und Nebenwirkungen im Ge-
folge. Tie ungeheuren Kriegswerkstät-
ten, die unzählbaren Kriegswerkzeuge,
die gesamte Kriegsausrüstung zu Wasser
und zu Land und in der Lust ruft kiinst-
lerische Kräfte wach in technischer Be- !
ziehung, und unsere Zeiten reden mit!
ehernem Munde von den Fortschritten
der Kriegskunst seit fünfzig, hundert,
fünfhundert und tausend Jahren. Wenn
man die Belagerung einer Stadt, die
früher Jahre hindurch dauern konnte,
wie die berühmte Belagerung von Ost-
ende, 1601—1604, vergleicht mit den
Ereignissen und Erfolgen dieses Krieges
mit Lüttich, Antwerpen, Warschau und
Kowno, so findet man den riesigen Fort-
schritt in der technischen Vervollkomm-
nung der Kriegsmittel. Dadurch, wie
durch all die andern großartigen techni-
schen Erfindungen käme man zu dem
Schluß: Die technische, mechanische

Kunst überragt in unserer Zeit die
freie, ideelle, sog. schöne Kunst.

2. D e r K r i e g i n der K u n st,
dargestellt durch die Kunst.

Wir denken an des Sehers von Pat-
mos furchtbare Erscheinungen von:
Weltende: Offenb. 6, 1—0. Da wird im
zweiten Roß der Krieg personifiziert:
„Und es zog aus ein anderes Roß, feuer-
rot und dem, der darauf saß, wurde ge-
geben, den Frieden von der Erde zu
nehmen, und daß sie einander schlachte-
ten; und es wurde ihm ein großes
Schwert gegeben." Einer der größten
deutschen Künstler, Albrecht Dürer, hat
die vier apokalyptischen Reiter meister-
haft geschilderte Bpi aller Schrecknis
doch ideal. Dagegen mutet uns die
Personifikation des Kriegs durch einen
modernen Kiinstler, Franz SUlck, fast
brutal an: „Eine Verkörperung des

Kriegs in Gestalt eines von rohester
Ruhmbegier erfüllten (nackten) Jüng-
lings (auf schwarzem Gaul), der im
eigentlichen Sinn des Wortes iiber Lei-
chen hinweg dem Siege zustrebt". (Die
Kunst des XIX. Jahrhunderts von Dr.
Friedrich Haak, p. 338.)

Krieg und Schlacht haben in der Kunst
zu allen Zeiten ihre Darstellung gefun-

den. Von dem großen Pompeijanischcn
Wandbild der sog. Alexanderschlacht bis
zu den Schlachtenbildern im Versailler
Schloß und anderwärts, von den Schlach-
tenmalern des 17. und 18. und 19. Jahr-
hunderts bis auf die neueste Zeit ist der
Krieg ein beliebtes Thema der bilden-
den Kunst in unerschöpflichen Variatio-
nen, wie ja auch die Situationen uner-
schöpflich sind. Die älteren Darstel-
lungen, oft noch recht naiv, erfreuen doch
durch künstlerisch-archaistisches Zeit-
gepräge, durch Landschafts- und Koftüm-
berücksichtigung, wenn sie vielleicht auch
dem Vorgang nicht ganz entsprechen, bei
den neueren und neuesten wird wohl im
Feldgrau krasser Wirklichkeit die Stim-
mung nicht so zum Ausdruck kommen,
oder wird in Schilderung blutiger Ein-
zelgreuel auch hier der Impressionismus
seine Triumphe, besser seine Orgien,
seiern?.

Wer kann die Kriegsdarstellungen in
Gemälden der Kunstsammlungen und
in Kupferstichwerken älterer Zeit, oder
Generalstabswerken neuerer Zeit alle
zählen? Ein großer Bilderatlas des
Weltkriegs liegt vor mir, in welchem
durch photographische Wiedergabe mit
den Mitteln der Neuzeit wohl alles, was
auf dieses moderne Völkerringen Bezug
hat, dargestellt werden wird. Meine Er-
innerung aber führt mich im Geiste in
die einstmalige Dominikanerkirche zu
Rottweil am Neckar, und läßt mich das
große Deckengemälde des Tomerdinger
Malers Joseph Wannenmacher (1722
bis 1780) schauen: Die Belagerung Rott-
weils durch den französischen Marschall
Guübriand, gemalt 1755 zur Erinne-
rung an die dargeftellte Kriegsepisode
vom Jahre 1643, zugleich, wie das
Deckengemälde im Chor mit der See-
schlacht von Lepanto, ein würdiges Vo-
tivbild für Mariens Schutz in schwerer
Zeit.

Diese Erinnerung führt uns auf zeit-
gemäße Erwägungen: nämlich die Frage
von Kriegs-, Krieger-, auch Friedens-
gedenktafeln, Grabzeichen. Die Deutsche
Gesellschaft für christliche Kunst in Mün-
chen hat zu Beginn des Jahres einen
Wettbewerb ausgeschrieben für Gedenk-
zeichen und Kriegserinnerungen, und in
Heft 7 (April 1915) werden die Resul-
 
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