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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 4
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Weser, Rudolf: Bodenfliesenfund in Söflingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0096

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Plattenrand aufstoßen. Nr. 10 ist ein
stilisiertes Pflanzenmuster mit Kreis
in der Mitte und sehr zierlich gearbeitet.
Nr. 11 und 12 sind stilisierte Pflanzen-
muster, die sich an eine Diagonale an-
fchmiegen. Nr. 13 ist ein Eichblattmuster
mit Pflanzenblättern. In Nr. 14 ver-
einigen sich der dem Quadrat einbefchrie-
bene Kreis und die sich ineinander schlin-
genden Halbkreise mit den anderen Ver-
zierungen zu einer sehr anmutigen
Zeichnung. Die stilisierte Lilie mit
Kreissegmenten in Nr. 16 ergibt einsehr
vornehmes Bild. In Nr. 16 ist ein sehr
einfaches Eichblattmuster gegeben, das
gewissermaßen der zeichnerische Aus-
gangspunkt sein mag für die vielfache,
immer reicher gestaltete Anwendung die-
ses Motivs bei den Bodenfliesen. Die
sechs Numinern 17—22 weisen anima-
lische Motive auf: Hirsch, Basilisk,

Löwe, Ritter zu Pferd, Adler. Das
Bruchstück Nr. 22 ist nicht zu enträtseln,
da zu wenig von der Zeichnung vorhan-
den ist. Nr. 23 ist eine viel größere
Fliese als die bisherigen. Das Vlatt-
und Kreuzstabmuster ist aber von ruhi-
ger, vornehrner Wirkung. Bei mehre-
ren von diesen Nummern, nämlich bei
Nr. 6, 6. 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 16, 16,
23 bieten erst vier zusammengestellte
gleichartige Tafeln die ganze Zeichnung
dar; manchmal ist es notwendig, 6- bis
9mal die Zeichnung des Plättchens
aneinanderzureihen, nm die vollkom-
menen Zeichnungsbilder herauszu-
bekonunen; z. B. Nr. 16 und 13.
Dies sind zwei besonders wertvolle
Zeichnungen, die mit den ursprünglich
einfachsten Linien iiberraschend kompli-
zierte Zeichnungsbilder ergeben, die zum
Teil ganz modern anmuten. Die Be-
plattung mit diesen Mustern etwa im
Kreuzgang oder in anderen -Gängen muß
einen reizenden Anblick geboten haben.
Die beiden obengenannten Muster 16
und 13 und andere übertrefsen an feiner
Wirkung die meisten der bei Häßler 1. e.
abgebildeten Fliesen, selbst solche aus
späterer gotischer Zeit.

Von allen diesen 23 Zeichnungen ist
Nr. 2 in vielen Exemplaren im Kapel-
lenrinnn des Städtischen Altertums-
museums zu Ulm zu sehen. Dieses Mu-

ster fand sich einft im Ulmer Samm-
lungsgebäude vor. Nr. 18, der Basilisk,
und Nr. 20, der Ritter zu Pferd, sind
abgezeichnet in dem Werke: Forrer, R.,
Geschichte der europäischen Fliesenkera-
mik (Straßburg 1901), Tafel VI, Nr. 1
und 3, wo dieselben als in W o r m s
gefunden bezeichnet sind.

Außer diesen drei Zeichnungen und
Nr. 23 sind a l l e 19 andere n n o ch
n i r g e n d s i n e i n e r Sa in m lung
und einem Werke über Bodenfliese
veröffentlich t.

Die Zeichnungsfläche ist bei einem
Teil der Plättchen noch ganz mit einer
quadratischen Linie e i n g e -
s a ß t. Dies ist der Fall bei Nr. 6 (dem
kleinen Quadrat), bei Nr. 10 (dem stili-
sierten Pflanzenmuster mit kleinem
Kreis in der Mitte), bei Nr. 11 und 12
(Diagonalen mit Pflanzen) und bei Nr.
17—-21 (Hirsch, Basilisk, Löwe, Ritter,
Adler).

Bei dem „Hirsch" fällt ein zwischen
den Vorder- und Hinterfüßen eingesetz-
ter Buchstabe, vielleicht ein verkehrt eiu-
geprägtes U, auf.

Die M a ß e der Fliesen 1—22 sind
134/2 Zentimeter im Quadrat und eine
Dicke von 2 Zentimeter; Nr. 23 hat
17 Zentimeter Breite und 3 Zentimeter
Dicke. Die untere Fläche der Fliesen
ist im Verhältnis zur oberen etwas ein-
gezogen oder verjüngt, so daß sich, wenn
man zivei Plättchen nebeneinander legt,
zwischen ihnen von unten an ein leerer
Raum ergibt, der mit Mörtel ausgefüllt
wurde, wodurch den Fliesen festere La-
gerung verliehen wurde.

Die Färb u n g der Toutäselchen ist
eine vierfache: die rote, Rotbrand, ist die
häufigste und gewöhnliche; der Schwarz-
brnnd ist der festeste, der Gelbbrand der
seltenste und der Braunbrand der
weichste.

Die Fliesen sind, so lvie sie erhalten
sind, sämtlich u n g l a s i e r t. Vielleicht
ist ein Teil davon einmal mit Glasur
iiberzogen gewesen. Aber die Zeit, der
Gebrauch, vielleicht auch der Mörtel, der
jahrhundertelang die Tafeln umlagerte,
haben die Glasur zerstört. Die Mehr-
zahl war jedenfalls von Haus aus über-
haupt nicht glasiert.
 
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