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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 35.1917

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Nr. 1
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Naegele, Anton: Die Waldkapelle von Ensmad
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https://doi.org/10.11588/diglit.21062#0014
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8

gen. Unter dem nicht sehr alten schad-
haften Wandverputz kamen jüngst Wand-
malereien zum Vorschein, die mit den
erhaltenen Fresken im Chor und Schiff-
gewölbe mindestens wetteifern können,
wenn sie dieselben nicht gar an Schön-
heit wie an Alter übertreffen. Neben
der k ti n st 1 e r i s ch e n, technischen Seite
der leider nur teilweise von der Tünche
gut behüteten und bewahrten Bilder
sind es auch chronologische Fra-
gen, die sich an die Wiederauffindnng
knüpfen.

Nach den von Kunstmaler Georg Baur
(Upflamör) sorgfältig bloßgelegten Spu-
ren war das ganze Kirchlein im Chor,
an den Schiffswänden, an der Cborbogen-
lvie an der Rückwand des Schiffs be-
malt. Um die schon bisher seit einigen
Jahren erhalten gebliebenen oder wie-
der sichtbar gewordenen Ursulafresken
zogen sich an der C h o r in ö l b u n g
herab Eichenlaubkränze: Ornamente wie
an dem bemalten Holztonnengewölbe
und an den geschnitzten Altarseiten,
Fruchtgehänge, architektonischer Zierat,
Säulen und Kapitelle, Einfassung der
Gewölbegurten und Stützen, Seiten und
Oberteile der Fenster, etwa 10 Zenti-
meter breite Friese an jeder Ecke vom
Chorbogen und Fenster treten mehr
oder weniger deutlicher im Chor hervor,
meist in dem gelben „Sienaton" wie der
Ursulazyklus. Mit mebr als handwerks-
mäßiger Gewandtheit sind diese Orna-
mente entworfen imU ansgeführt.

Nicht weniger schwierig als die Auf-
deckung, Erhaltung und Wiederherstel-
lung dieser Malereien ist die Frage nach
ihrer Herkunft zu lösen. Was ich
bislang ausfindig machen konnte über
die B a u g e s ch i ch t e von Ensmad, sei
hier mitgeteilt.

Der Chor ist offenbar unter Abt Chri-
stoph Raßler von Zwiefalten (1668 bis
1676) erbaut. Von dem Klosteranna-
listen Arsenius S u l g e r (f 1691) wird
in seinem 1698 erschienenen Geschichts-
werk zum Jahre 1660 berichtet, dieser
Abt habe im selben Jahre 1660 das
Heiligtum der 11 000 Jungfrauen in
Ensmadt restauriert I, also nicht 1665,

0 Annales Zwifaltensis Imperialis Mona-
sterii. II 279,

wie das neue „Königreich Württem-
berg" s) behauptet, auch nicht erbaut, wie
in neuerer Zeit der Geschichtsschreiber
Zwiefaltens, Karl Holzherr ch, erzählt.

Außer jener historischen Notiz beweist
auch die Verschiedenheit und Neuheit der
Konstruktion des Dachstuhls die spätere
Anfügung des Chors. Sodann spricht
für diesen Neubau die Unregelmäßigkeit
des Chorbogens und der Stützwand, die
zu beiden Seiten des Bogens je 1,70 bis
'1,80 Meter breit ist. Vor allem aber ist
es der neue Gemäldefund an den
Wänden des Schiffs und der Zustand
der Erhaltung derselben. An der bis-
lang leeren Wand, die heute Schiff und
Chor scheidet, sind Reste von Figuren
und Ornamenten unter der Oberschicht
gefunden worden, deren Zusammenhang
offenbar durch die für den Anbau benö-
tigte Oeffnung der Chorwand oder we-
nigstens durch die Erhöhung des —■
wenn ursprünglich vorhandenen — Chor-
bogens unterbrochen worden sein muß.

Ja, unter dieser zweiten bemalten
Schicht fanden sich am vordersten Ende
der rechten Seitenwand Reste noch älte-
rer Malereien, die leider zu dürftig git
sein scheinen, eine Figur tut Unterteil er-
halten, in roter und blauer Färbung,
Füße mit spitzer Form; diese standen auf!
rotem Plattenfries; frische Spuren von'
Mäander traten hervor, etwa 1 Zenti--
meter unter dieser bemalten Schicht.

Diese bis jetzt festgestellten kümmer-'
lichen Reste stammen vermutlich aus dem
1378 urkundlich bezeugten Bau. Mit
dam Dorf Ittenhausen kam dieses Lehen
1662 10) an das Kloster Zwiefalten.
Laut Kaufbrief von 1662 verkaufte P h i-
l i p p D i e t r i ch S P ä t von Zwiefal-

8) IV, Bü. u. Sonderheft OA. Riedlingen,
S. 29.

9) Geschichte der -ehe mal. Beneid.-' und
Reichsaibtei Zwiefalten, 1887, S. 136, A. 1.

") Nicht 1564, wie MeMminger, OA.
Niedlingen, 1827, iS. 196. 28«© der Ver-

fasser der -älteren und auch! hier jüngsten
Pfründbeschreiibung der Pfarrei Dürren-
waldstetten von 1908 üiher Ensmads Ge-
schichte zu sagen taetft, klingt wie ein Mär-
chen. Ilm 1100 soll ein- gewisser Heinrich
von Passau -als Eremit zu Ensmaid geleibt
haben. Gleich -um nahezu 3 JcchjrhiUnderte
bessert der Historiker des iKath. Kirchenrats
dem alten Eremiten auf.
 
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