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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 35.1917

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Naegele, Anton: Die Waldkapelle von Ensmad
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https://doi.org/10.11588/diglit.21062#0017
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zuzulassen? Und ob nicht der Kloster-
maler P. Helbling vielleicht nach Skiz-
zen dieses schwäbischen Apoll es der
Spätrenaissance die Bilder in Ensmad
gemalt, vielleicht gar den Umbau der
Kapelle bewerkstelligt haben könnte10).
Nach dem von P. Lindner jüngst her-
ausgegebenen Profeßbuch von Zwiefal-
ten 20) war er in Rottenburg geboren,
da er 1732 starb im Alter von 81 Jah-
ren, 57 des Priestertums und 65 der
Profeß, 1661. Die Malereien der Kirche
in Zwiefalten müssen also nach dem
postea des Chronisten geraume Zeit nach
1661, dem Berichtsjahr, angesetzt werden.

Zu den Wohl jüngsteil Stücken von
Bild und Bauwerk gehört Empore innen
und Bildstock außen. Auf der E m p o r e
sind die zwei besten O e l g e m ä l d e
aufgehängt: das eine stellt die Patronin
der Kirche, St. Ursula, dar, eine sehr
elegante Gewandfigur des Rokoko, de-
ren Heiligkeit nur der Pfeil andeutet,
und ein größeres Oelgemälde, auf dem
die Ensmader Pieta mit getreuem Ba-
rockgewand, umgeben von heiligen
Bauernpatronen, zu sehen ist.

In das Gesims der Empore sind Zahu-
schnitte oder Zinnen eingeschnitteu. Ter
Boden ist nuten durch Leisten in 3X1
Felder mit einfachen Ornamenten eiu-
geteilt. Die Tiefe beträgt ca. 1,6 Meter,
die Breite 2.6 Meter.

Die drei Felder der Brüstung schei-
det ein einfacher Pilaster.

Tie Brüstung der E m p o r e der
Rückenwand, die zwei reich profilierte
Säulen vorne tragen, ist ebenfalls in
Felder eingeteilt unb mit ziemlich jünge-
ren, weniger fein ausgeführten Male-
reien geziert. In zwei Feldern (II und
V), je das mittlere der drei Felder links
'und rechts des Mittelstabs, sieht man
jedesmal ein großes Herz abgebildet,
das linke mit Kreuz, das rechte mit
Blumen, und jedes ein wenig anders,
in den anderen ll, III, IV, VI) Früchte.
Die Ornamente sind einfacher und kunst-
loser, Bauernmalerei nach dem Stil der
Kastenzierat in Bauernhäusern. Sie
mögen wohl etwa gleichzeitig mit den

") Hvhzlherr a. a. O. S. 182 nennt Helb-
ling Mater und Architekt.

2. 54.

Bänken angebracht sein, deren Wangen
einfache Rokokoornamente zeigen.

Weiter oberhalb des Hofes, wo Fuß-
pfad und Fahrweg hinauf auf die Höhe
der Landstraße führen, steht ein holz-
geschnitzter Bild st o ck vom Jahre 1809.
In der von einem spitzen Aufsatz ge-
krönten Nische ist eine Pieta auf Blech
gemalt; zwischen Aussatz und Bild ist
die Jahrzahl 1809 eingehauen. Darun-
ter sehen ivir zivsschen allerlei hübschen
Ornamenten das Monogramm Christi,
I HK, Voluten zieren die Ecken; auch die
Seiten zeigen Kerbschnitt (Winkel-
form <0. Er ist von einem Glied der
Familie Geisel h a r t errichtet, die in
mehreren Generationen Besitzer von
Ensmad waren, wohl von demselben,
der nach der Inschrift in der Pieta die
Figur hat 1807 „repriereu lassen",
Gabriel Geiselhart.

So finden wir au den Wänden dieses
unscheinbaren, weltverlorenen (nur we-
uigen heute bekannten) Heiligtums die
wichtigsterr Perioden der Kunstgeschichte
vom 11. (?) bis 19. Jahrhundert ver-
treten.

Die llrfontlbeu über Ensinaid sind zur
Zeit der Säkularisation nach Stuttgart ge-
wandert. Die älteste lIvNnnde stämint von
1378. Sie setzt die Existenz von Kapelle
und Klause schon- vorarrsD Der Raine
En sin ab bedeutet ivohl Mahd eines Ensi,
Anso, Ense. Die ll r k u nd e vom 2. April
1378 berichtet, baß die Gebrüder Graf
Wülfl'i und Fritz von Beringen mn ihres
und ihrer Vorfahren Seelenheils willen
ihre Kapelle zu Eusinad, die mnu nennt
„zu dem heiligeir Berg", und die Aecker,
die daran-stoßeir und dazugehören, und das
Holz und die Halde bis an den äußeren
Brunnen den geistlichen Mannen, Herr
Heinrich Non Passan unid Herr Simon
von Lintz, Sankt Benedikteir Ordens, zu
einem steten Lehen verleihen. Die Grafen
bedingen sich das Bogtrccht über die genann-
teu ulld alle von- den geistlichen Herren- noch
zu erwerbenden! Besitzungen.

Diese erste UrVunid« "isst als Abischrift
einer Originalurkunde des -Stuttgarter
Staatsarchivs vom 10. April 1378 ein-
gefügt, welche (b-ie bischöfliche Bestätigung
der Verleihung nnsspvicht. Diese Bestäti-
gung erteilt Bischof Heinrich zu Konstanz.
Gemeint ist Heinrich III. von Brandts
«1357—1383), vorher Abt von Einsiedeln,
Bruder der AMfsin Agnes von Säckingen,
der Kunigunde, Gattin Johannes- von Ha-ll-
wil, des Eberhard, -Mts von Reichenau, und
Mangolds, Laiidkvinturs des Deutschordens,
des Werner und Wolfhard. Die Mutter
 
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