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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 35.1917

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Nr. 2
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Weser, Rudolf: Die Freskomaler Anton und Joh. Baptist Enderle von Söflingen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21062#0052
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zwanzigjähri ger künstl-errsche Bezi ehun-
Mn zu seiner Heimat angeknüpft, so
brachte bie Folgezeit die Fortsetzung der-
selben. Wohl kurz vorher Mar die St.
Leonhardskapelle zu Söflingen barocki-
siert worden und Enderle erhielt den
Auftrag, ein Hauptaltargemälde zu
schaffen. Dasselbe stellt dar St. Leo n-
hard in der Glorie als Fürbitter. In
den Wolken kniet der Heilige, mit dem
Brnstkreuz geschmückt, die Hände nach
unten ausgestreckt. Das Gesicht ist sehr
schön und edel. Links und rechts von
seinem Haupte schweben Engel und
Engelsköpfchen. Zu seiner Rechten
schwebt ans dem Gewölk ein Engel, der
den Abtsstab hält und mit der Rechten
auf den Heiligen als großen und mäch-
tigen Fürbitter hinweist. Zur Linken
des Heiligen schwingt sich ein Engel mit
geöffneter Kette in die Wolken, während
ein anderer ein Buch hält. Unter der
Glorie ist eine Ortschaft sichtbar mit
mehreren Kirchen und Türmen. Links
unten ist eine Gruppe von Tieren:
Pferde, Rinder, Schafe. Rechts unten
sieht man eine Frau auf dein Kranken-
lager, das von weinenden und klagenden
Angehörigen umgeben ist, die ihre Hände
zu dem Heiligen erheben. Dahinter
hebt ein Mann eine gelöste Kette mit
beiden Händen in Dankbarkeit dem Hei-
ligen entgegen. Ueber diesem Haupt-
gemälde ist ein Oberaltargemälde, des-
sen Nahmen ein Rechteck bildet, dessen
Ecker: abgeschnitten sind. Dargestellt ist
die Dreifaltigkeit: Gott Vater und Sohn
znsammerrgeneigt ans die Fürbitte des
Heiligen achtend, über ihren Häupterrr
schwebt der Heilige Geist. Christus ist
in einen wallenden roten Mantel ge-
wandet.

Das am Altartisch befindliche Ante-
pendinnr, eine gemalte Holztafel, zeigt
den kleinen Johannes mit Kreuzstab
und Lamm, von zwei Engeln begleitet,
in reicher Waldlandschaft mit Wasser-
fall, sehr fein gemalt, nicht signiert, je-
denfalls nicht von Enderle gemalt. Das
St. Leonhardsbild des Altars aber hat
Enderles Signatur: J. Enderle pra-
xi t 1754.

In den folgenden Jahren kam En-

derle noch öfter nach Söflingen. In
den Jahren 1756, 1757, 1758 fungierte
er laut Taufregister als Pate bei den
drei ersten Kindern des Chirurgen und
Klosterarztes Joh. Christoph Schwarz,
der dahier in hohem Ansehen stand und
dessen Familie heute noch blüht.

Schon 1756 führte Enderle einen
neuen Auftrag für seinen Heimatort
aus: er malte für die Klosterkirche

fünfzehn Stationenbilder.
Dieselben sind wegen des Künstlers und
wegen ihrer künstlerischen Qualität wohl
einer näheren Betrachtung wert. Die
erste Station zeigt einte* reiche, groß-
artige Palastarchitektur mit dem Thron-
sessel des Pilatus, der über Jesus den
Stab bricht, in Rokoko so innen. Die
zweite und dritte Station geben äußerst
abwechslungsvolle Soldatengruppen vor
den: groß und schwer hereingestellten
Architekturwerk der Mauern und Türme
Jerusalems. Bei der vierten Station
mutet uns besonders an die Figur der
Muttergottes und des Johannes, jene
im aufgelichteten blauen Mantel. Die
fünfte Station hebt sich ganz von dem
Gewölkhintergrund ab und zeigt nur rn
der Ferne noch das Mauerwerk der
Stadt. Bei der sechsten Station bildet
ebenfalls nur Gewölk den Hintergrund.
Die Gruppierung ist von sehr schöner
Bewegung. Der zweite Fall (siebte
Station) hat im Hintergrund Berge und
links einen ragenden Palmbaum, der
sich auch sonst oft bei Enderle findet.
Das Bild ist ebenfalls sehr gut. Die
Begegnung mit den Frauen Jerusa-
lems ist ebenfalls gut in der Bewegung
und lebhaft in den Farben. Besonders
zu bemerken das Windfähnchen in der
Hand eines Kindes im Vordergrund.
Der dritte Fall (neunte Station) ist
wieder außerordentlich belebt durch die
wachsende Sorge der Soldaten im Mie-
nenspiel und in den kecken Lichtern, die
auf ihre farbenprächtige Kleidung auf-
gesetzt sind. Die zehnte und elfte und
zwölfte Station sind ausgezeichnet
durch den düsteren, schwarz und rot ge-
färbten Wolkenhintergrund. Bei der
dreizehnten Station ragt das Kreuz
schwer herein zwischen zwei Hügeln. Ne-
 
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