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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Weser, Rudolf: Die Freskomaler Anton und Joh. Baptist Enderle von Söflingen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21063#0012
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auf die Farben der Gewänder Mariens
und die herannahenden Hirtengruppen
trifft.

Vier Medaillons um das Bild geben
in gelb die sitzenden Figuren der vier
Evangelisten.

Der Plafond im Schiff zeigt die A n-
b e t u n g der Weifen und ist sig-
niert: J. B. Enderle, pinx. 1796. Ar-
chitekturreste bilden die Krippe, deren
Raum bedeutend größer ist als auf dem
vorigen Bilde. Das Dach ist mit Gras
bewachsen. Maria hält wieder das Kind
iiber der Krippe, steht aber etwas rechts,
hinter ihr St. Joseph in betender Hal-
tung, weiter rechts schließen wieder Är-
chitekturstücke die Fläche ab. Die ganze
Mitte des Vordergrundes stillen die drei
Weisen, kniend, stehend, mit ihren Ga-
ben. Links das Gefolge der Könige und
als Abschluß Gebäude. Auf das Ganze
leuchtet der Stern herab. Sehr lieblich
ist auf diesem Rundbild die Madonna;
mich die anderen Gesichter sind sehr gut.
Alles ist sehr frisch und lebhaft in der
Farbe.

In vier kleinen Medaillons umgeben
die vier Bilder der Kirchenväter
das Gemälde: a) Gregor mit Taube
und Papstkrone und Kreuz; d) Ambro-
sius mit Bienenkorb; c) Hieronymus
mit Totenkopf, Löwe und Gerichtspo-
saune; sein Oberleib ist nackt; d) Au-
gustinus mit brennendem Herzen, alle
gelb in gelb.

An der kleinen Orgelbrüstung sind drei
Doppelbilder: a) S t. Wendelin,

kniend lauf einer Wolke, hinter sich eine
Viehherde; neben ihm liegt eine Krone
auf einer Wolke. St. Gallus eben-
falls mit Vieh. Ein Lichtschimmer von
oben her zieht den Blick der beiden Hei-
ligen an. b) In der Mitte der Brü-
stung : St. S e ba st i a n halb auf den
Wolken kniend, ganz bekleidet, 'in Rü-
stung und Mantel, in der Rechten zwei
Pfeile. Auf der anderen Hälfte
des Raumes, rechts, rufen ihn von
der Pest befallene Kranke an, eine
lebhafte Gruppe in gelb, e) Rechts: ein
Ackerfeld, von Gewitter bedroht. Ein
Bischof kniet und betet. Ein Engel
hält das Strafschwert zurück. Die Mitra
des Bischofs liegt auf einer Wolke; in
der Hand hält er 'einen Palmzweig. Da-

neben steht St. Florian mit der
Fahne zu Füßen, hinter ihm ein Engel,
der Wasser ausschüttet auf ein brennen-
des Haus.

Außer diesen Fresken birgt die Kirche
noch Leinwandgemälde von Enderle:
das Seitenaltarbild: M a r i ä Verkün-
digung: Maria mit sehr lieblichem
Gesicht kniet betend vor einem mit Tuch
behangenen Betpult. Zu ihr eilt der
Engel nieder mit dev Botschaft. Dar-
über schwebt der Heilige Geist, von En-
gelsköpschen umgeben. Ein zweites Sei-
tenaltarbild stellt St. Joseph dar
mit dem Jesuskind auf dem Arm. Beide
Bilder sind im Ausdruck sehr gut, aber
bei beiden ist die Draperie übermalt.

Die lieben frommen Bilder dieser
Kirche sind der Schwanengesang der
Kunst Enderles.

Ueberblick.

Einen langen Weg haben wir nun den
geduldigen Leser geführt und ein wei-
tes und teilweise weit entlegenes Feld
künstlerischer Tätigkeit aus profanem,
hauptsächlich aber kirchlichem Gebiete
haben wir durchwandert. Viel gerin-
ger sedoch ist die Mühe des Lesers, uns
zu folgen, als es unsere Mühe war, alle
die Orte, Kirchen und Kapellen aufzu-
suchen im Schneesturm und Staubgewir-
bel, in Kälte und Hitze, in den Tagen
des Weltkrieges, in den Zeiten der
Brot- und Fleischkarten und der Knapp-
heit der Lebensmittel, in den Wochen
der Zugverspätungen und Zugsände-
rungen, um möglichst alle Werke des
Meisters selbst zu sehen, an Ort und
Stelle zu beschreiben und so ein getreues
Bild des künstlerischen Schaffens des-
selben nach Hause zu bringen. Es sind
denn auch ganz wenige Bilder, die wir
nicht selbst eingesehen haben. Wir hat-
ten die Freude, manch Unbekanntes auf-
zusinden, und manches, was unter fal-
scher Flagge segelte, dem Meister zu vin-
dizieren. So wird zum erstenmal ein
ausführliches Bild des umfangreichen
Wirkens des Malers Johann Baptist
Enderle vorgelegt.

Freilich sind wir uns wohl bewußt,
daß sicherlich noch manche Bilder Ender-
les vielleicht in Privatbefitz oder sonst-
wo existieren werden. Vielleicht sind
 
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