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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Nr. 1
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Weser, Rudolf: Die Freskomaler Anton und Joh. Baptist Enderle von Söflingen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21063#0014
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reden und so das Verständnis leicht
machen.

Die Zeichnung bietet Enderle gar
keine Schwierigkeiten. Spielend bewäl-
tigt er die verwickeltsten Probleme. Flott
und leicht wirft er seine Figuren hin,
denen der Stempel frommen Empfin-
dens ausgeprägt ist. Seine Behandlung
der Draperie ist mustergültig und sorg-
fältig abgewogen. Eine besondere Vor-
liebe hat er für die Tierwelt. Es wird
wenige Bilder geben, wo er nicht von
diesem seinem Können Zeugnis ablegt.
Aus den Krippenbildern, den Bildern
mit dem Zug der Weisen, den Darstel-
lungen der vier Weltteile, den Bildern
von St. Leonhard und S. Nikolaus und
besonders dem Mainzer Gemälde des
Martyriums des hl. Ignatius tritt die-
ser Teil seiner Meisterschaft besonders
hervor. Virtuos zeigt sich Enderle in
der Behandlung und Zeichnung der Ar-
chitektur. Hier ist er geradezu uner-
schöpflich in Anwendung der verschieden-
sten Motive, vom einfachsten Säulen-
stumps bis zum großartigsten Kuppel-
gebäude. Bewundernswert ist seine
großartige Beherrschung der Geheim-
nisse der Perspektive, die ihn in die
Reihe der ersten Künstler stellt. Man
wird sagen dürfen, daß die Behandlung
dieser Probleme seine Liebhaberei, sein
Steckenpferd ist. Weniger liegt ihm die
Landschaft, wiewohl er auch hier An-
ziehendes und Reizvolles zu schaffen
wußte, wie die Stücke: Abrahams Be-
wirtung der drei Männer, Urteil des
Paris u. a. beweisen.

Die Entwürfe und Handzeichnungen
lassen uns den intimsten Blick in das
Wirken und Schassen des Künstlers tun.
Wir bewundern die peinliche Sorgfalt
dieser Entwürfe, die gewöhnlich ohne
weitere Aenderungen ausgesührt wur-
den. Enderle muß sehr haushälterisch
mit seiner Zeit umgegangen sein, wenn
es ihm möglich war, so gewissenhaft
seine -großen Gemälde zu -entwerfen und
vorzubereiten. Nur ein eiserner Fleiß
konnte ein so umfassendes Lebenswerk
so befriedigend zustande bringen und be-
wältigen.

Die Farbengebung ist besonders
charakteristisch bei Enderle. Er liebt im
allgemeinen Helle, freundliche Töne und

erzielt mit denselben in den von ihm
ausgeschmückten Kirchen ausgezeichnete
Resultate. Wie lieblich sind seine Ma-
donnen mit ihrem seinen Inkarnat, in
ihren Hellen, seidenglänzenden Gewän-
dern! Wie zart sind seine Heiligenfigu-
ren, besonders die heiligen Frauen und
Jungfrauen, wie-ernst und lebendig seine
Apostelfiguren in ihren feurigen Ge-
wandungen! Welche Fülle von Licht und
Glanz weiß er in den vielen Glorien
und Dreisaltigkeitsdarstellungen auszu-
streuen über seine großen Fresken. Die
Farbentöne stehen ihm aber auch zu Ge-
bote, wie nicht leicht anderen. Er kennt
ihre Wirkung aufs genaueste. Darum
ist ein so seiner Hauch von Feierlichkeit
und Festlichkeit über seine Schöpfungen
ausgebreitet. Beachtenswert ist auch die
gute Haltbarkeit seiner Farben, die nach
150 Jahren noch ihren Glanz und ihre
Frische vielfach bewahrt haben. Eine
ungemein feinsinnige, freundliche und
liebenswürdige Künstlerpsyche spricht aus
asten seinen Fresken.

Härter sind manchmal seine Lein-
wandbilder und besonders die aus der
späteren Zeit seines Lebens haben einen
etwas unbefriedigenden grünlichen Ge-
samtton erhalten. Doch ist z. B. sein
Antonius bet den Dominikanerinnen in
Donauwörth ein glänzendes Bild, das
vollauf befriedigt.

Trotz der Fülle von Werken, trotz um-
fangreicher Arbeiten ist Enderle kein
reicher Mann geworden. Er war be-
kannt als „billiger" Maler, wie wir es
bei einzelnen seiner Arbeiten bemerkt
haben und wie es uns die Akten der
Kirchenpflegen und das Oberndorfer
Protokoll ausdrücklich beurkunden. Seine
zweite Frau mußte als Witwe sogar ihr
Haus verkaufen. Es war das Haus
Nr. 336 im Spindeltal, welches nach den
Donauwörther Ratsprotokollen 1804 um
1400 Gulden von Ursula Enderle ver-
kauft wurde, welche, tote schon bemerkt,
sich 1820 um eine Spitalpsründe be-
werben mußte.

Außer den herrlichen Kunstwerken, in
d>enen sich Enderle selbst ver'ewigt hat,
ist dem hochbegabten Meister bis jetzt
kein anderes Denkmal zuteil geworden,
als das einfache und kurze, aber viel-
sagende und wahre Wort, das im Sterbe-
 
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