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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 3 (1919)
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Rohr, Ignaz: Zur Baugeschichte der Klosterkirche in Zwiefalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0074

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Um 31. Juli 1761 kann dem Süd-
turm der Knopf und das Kreuz aufge-
setzt werden. Der Knopf hält „dreiund-
fünfzigeinhalb viertel Riedlinger Maß"
und ist (ohne die Hälfe) sechs Schuh
hoch bei einer Weite von fünf Schuh.
Das Kreuz ist gegen 23 Schuh hoch, die'
Querstange Schuh lang; das Ge-
wicht beträgt gegen 550 Pfund. Das
Material ist verkupfertes Eisen, im
Feuer vergoldist. Die Arbeit stammt
von Knoblauch in Söflingen („in dem
sogenannten Jhrgarten") und dem
Klosterfchlofser Johann Georg Jengling
von Gofenzugen. Die Knopfweihe voll-
zog der Kapuzinerpater Theobald, „und
sind viele Heiligtum in einen solchen
Knopf gekommen" samt den Namen
sämtlicher Konventualen, auf Perga-
ment verzeichnet. Füll das Chorgitter
wird eine eigene Hammerschmiede er-
richtet; am 31. Mai wird der Dachstuhl
erstellt. Das Langhaus wird nach Ab-
schluß der Stukkaturen von Spiegler
bemalt, die vier Elemente im „Kreuz"
gefaßt, die Galeriefenster eingesetzt, das j
Vorzeichen weitergeführt, wenngleich
die Säulen eine Verzögerung brin-
gen^).

Im Frühling 1762 richtet Schreiner
Martin Hermann von Villingen den
Chor auf (d. h. das Chorgestühl). Jo-
hann Georg Schultheiß^ Mauüer und
Steinhauer von Pfronstetten, pflastert
ihn. Nach fünfjähriger Arbeit wird
der Hochaltar fertig, das Altarblatt und
die zwei Nebenfiguren am Portal aus-
genommen. An St. Lukas desselben
Jahres weiht der Prälat die Kirche
ein in Anwesenheit des Fürsten Joseph
Friedrich von Sigmaringen. Nachher
wird das Marienbild in Prozession zu-
rückgeholt aus der Pfarrkirche, wo es
zwölf Jahre, fünf Monate und zehn
Tage gestanden, und der Prälat liest die
erste hl. Messe vor demselben. Beim
Aureliusfest am 22. Oktober hält Pfar-

12) Die Fassade — eine Seltenheit in
Deutschland, nur eine einzige Sänlenord-
nung in riesigen Dimensionen, gekrümmte
Grundrißstellung, gebrochene und geschweifte
Giebel und eine Komposition ähnlich einem
Altäre (vgl. Dehio, Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler, Berlin, Wasmuth 1908, III
sSüddevtschlands, S. 572).

rer Rotmund von Andelfingen wieder
die Predigt wie vor Abbruch der Kirche,
ein Mann von über 70 Jahren. Dann
folgt das Pontifikalamt des Prälaten.
Der Fürst von Sigmaringen mini-
striert. Die üblichen Prozessionen wer-
den jedoch noch nicht in der Kirche, son-
dern auf dem Hof gehalten. Schon vor
Mariä Geburt, den 8. September,
brachte man die Glocken in den Turm,
„und zwar wiederum in den alten Glok-
kenstuhl,- welcher schon in dem alten
Thurm gegen 200 Jahre gestanden".
Am 7. September wird erstmals wieder
um 12 Uhr der englische Gruß geläutet,
wie am 13. Juli 1739 das lctztemal.
Am 29. Oktober ist Primiz des P
Franziskus Baur, eines Augsburgers,
mit Festpredigt des Kapuziners Placi-
dus, des späteren Vizeprovinzials. Das
Vorzeichen erhält seinen Dachstuhl und
ein von Knoblauch und Jengling im
Feuer vergoldetes Kreuz. Bei den Ab-
räumungsarbeiten erleidet Handlanger
„Hänsle" von Zwiefaltendorf den Tod
durch einen abstürzenden Balken. Am
31. Oktober hält man die erste Vesper,
am 1. November die erste Sext und
Non „irrt den neuen Chorstühlen". Am
17. Dezember werden erstmals wieder
Gelübde in der neuen Kirche abgelegt.
Die Glaserarbeit des Langhauses wird
fertig, und in Ermanglung meiner Orgel
„hat man von dem Collegi zu Ehingen
das Positiv von dem Commödysaal ab-
geholt".

Das Benediktusfest am 21. März
1753 wurde besonders feierlich began-
gen mit Predigt des P. Sebastian Sei-
ler von Obermarchtal und Pontifikal-
amt des dortigen Reichsprälaten. Am
17. April (Dienstag der Karwoche)
erhält das Vorzeichen die Steinfiguren
des hl. Stephanus und Aurelius, wobei
beide Krahnen und drei Wellenzüge und
24 Mann zum Aufziehen benötigt wur-
den. Bald folgten die zwei Stifterbil-
der, endlich gegen den Herbst das
der Muttergottes (also nicht 1752, wie
auf dem Stein unterhalb desselben
steht). Der Stein zu letzterem wurde von
den Brüdern zu Bernstein bezogen und
war so schwer, daß er bei Hausen ober-
halb Haigerloch eine Brücke eindrückte,
10—12 Schuh abstürzte, von 40 Man-
 
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