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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 3 (1919)
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Unterkofler, Franz: Klerus und Kunst
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Rohr, Ignaz: Erneuerung und Erweiterung der Heiligkreuzkirche in Rottweil
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0083

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obachtet, findet, daß kein anderer Stand
so verschieden . wohnt, solche scharfe
Gegensätze in seinen Wohnräumen birgt,
wie der unsrige: da Eleganz, vorneh-
mer, geläuterter Geschmack, dort alle
Einfachheit, Würde, Harmonie, wieder
dort ein Zug zum Verwahrlosten, Ge-
wöhnlichen, Dies rührt wohl daher,
daß wir Geistliche aus den verschieden-
sten Ständen kommen.' Dann aber be-
sonders von den großen Bildungsunter-
schieden unserer weiblichen Bedienung.
Der Jesuit Valuy hat in seinem Büch-
lein: „Leitsterne für das Leben und
Wirken des Priesters", versucht, einen
Kanon aufzustellen - für unsere Woh-
nungskunst, wenn er schreibt: „Dein
Zimmer sei geziemend ausgestattet und
überhaupt wohnlich eingerichtet, so daß
du es nur ungern verlassest und gern
dahin zurückkehrest und nirgends lieber
bist als zu Hause. Schaffe dir keine
gar zu wertvollen Möbel an." Er er-
innert an ein Wort aus der Nachfolge
Christi: „Wer seine Zelle lieb hat und
gerne dort bleibt, der ist vor vielen
Versuchungen sicher. Je mehr man in
ihr weilt, desto mehr liebt man sie."
Zum „Schmücke dein Heim" gemahnen
uns also die verschiedensten Beweg-
gründe. Unsere Stube ist ein Reflex
unseres eigenen Innern, auf der andern
Seite nehmen wir von außen die Ein-
drücke in uns auf und verarbeiten sie.
Eine nüchtere, gewöhnliche Umgebung
stimmt ebenso, wie ein paar gute, edle
Bilder uns aufwärts ziehen. Wer 31t
uns kommt, soll schon durch unsere Ein-
richtung erfahren, wo er ist. Ein Zug
von Weihe, Erhebung, von milder Schön-
heit im Rahmen edler Einfachheit soll
durch unser Zimmer gehen. Dies kann
auch mit bescheidenen Mitteln erreicht
werden. „Auch hier ist's der Geist,
der lebendig macht." Wie viel Ge-
legenheit bietet sich uns sonst noch, siir
die Kunst einchitreten. Jedes Bild-
chen, das wir -einem Kistdie fchenken,
ist ein Dienst an !sie, aber auch ein
Dienst von ihr an uns.

Keppler hat in seiner Abhandlung
iiber „Das religiöse Bild siir Kind
und Haus" unerreichbar tief und an-
schaulich dargetan, was die „Enkelin |
Gottes" vermag, wie ein gutes Bild .]

unser bester Gehilfe, Stellvertreter sein
kann, der ständig an der Arbeit ist. Er-
schließt: vergessen wir nicht, daß auch
die Stiftung eines Kruzisipes oder
eines religiösen Bildes in die Hütte des
Armen ein gutes Werk ist, ein wahres
Werk der geistlichen Barmherzigkeit).

Eine letzte Forderung von Pflicht
wäre dann, daß wir als Mitglied den
Vereinen für christliche Kunst beitreten,
wenn möglich mit Wort und Feder xür
sie eintreten, ihre Schädlinge bekämp-
fen, auf manches Kunstwerk in unserer
Umgebung aufmerksam machen.

Hinter die Frage: ob Pflicht oder bloß
guter, freier Wille uns in ein Verhält-
nis zur Kunst setzte, darf wohl ein
kräftiges Ja für das -elftere gesetzt wer-
den. Wir möchten von einer angeneh-
men Pflicht reden und einer lohnenden.
Eine dem Himmel entstammende Licht-
gestalt will sich uns zur Arbeit an den
unsterblichen Seelen, zur Vermehrung
der Ehre Gottes in der Kunst verbin-
den. Folgen wir ihm, diesem Genius,
er führt uns über die Niederungen des
Lebens hinweg, hin zum Urquell alles
Edlen und Schönen, zu Gott.

Erneuerung und Erweiterung der
-^eiligkreuzkirche in Rottweil.

Besprochen von Prof. Dr. I. N 0 h r,
Tübingen.

Der Eindruck ivar ein überraschender,
ja befremdlicher, als ich vor nun bald
40 Jahren erstmals in der Lage war,
die Heiligkrenzkirche zu Rottweil näher
zu betrachten. Bis dahin kaute ich bei-
nahe nur Barock- und Finanzkammer-
kirchen, fast ausschließlich mit moder-
nen, wenig ausdrucksvollen Figuren.
In Rottweil dagegen sah ich eine ge-
waltige Halle mit imponierenden Län-
gen- und Breitendimensionen, aber bei-
des überwunden durch die Betonung
des Aufwärts in einem Wald von Pfei-
lern, Gurten und Rippen. Von außen
flutete eine Fiille von Licht herein, im
Chor verklärt durch volle Farbenakkorde
gemalter Fenster. Warum aber die
meisten Figuren sich in den Hiiften auf-
fällig nach rechts oder links bogen und

st Keppter a. a. •£>., S. 26.
 
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