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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 41.1926

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1. Heft
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15944#0048
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stündlicher schöner Sprache entworfen. Nichts Wichtiges lind Wesentliches ist übergangen,
manches natürlich nur gestreift. Den reichen Inhalt skizziert das genaue Sachregister. Elf
Abbildungen nach alten Stichen verleihen dem Werke einen von anderen Romveröffent-
lichungen vorteilhaft abstechenden Wert. Möge das Büchlein, das noch einen sehr über-
sichtlichen Plan mit Strastenverzeichnis enthält, einen großen und dankbaren Leserkreis
finden! S. — W.

Spanische Kultur und Sitte des 16. und 17. Jahrhunderts. Eine Einfüh-
rung in die Blütezeit der spanischen Literatur und Kunst von Ludwig
Pfandl, korresp. Mitglied der Real Academia espannola in Madrid.
Kempten, Kösel u. Pustet, 1924, Lexikonformat XVI u. 288 S. Mi»
43 Bildtafeln. Preis gebd. 12 Mark.

In der landläufigen Literatur hat Spanien seit Jahrhunderten eine sehr zwiespältige
Beurteilung erfahren, llnvcrstand, Gewissenlosigkeit und Bosheit haben das Land und
seine Kultur mit giftigem Hasse bespritzt; wir erinnern nur an die Schlagworte: Inqui-
sition, Moriskenverfolgung. Auch die deutsche Kunst, ganz abgesehen von der Geschichts-
schreibung, muß hier ein inen culpa bekennen. Da ist es gewiß ein hohes Verdienst,
wenn einmal gegenüber der Gehässigkeit auch die objektive Ruhe eines Kenners der Ge-
schichte, Literatur und Kunst zum Griffel und zur Feder greift, um dem Wortschwall der
Feindseligkeit und Beschränktheit entgegenzutreten. Das geschieht von Ludwig Pfandl,
der, wie die Vorrede bekennt, mit dem Herzen und mit Liebe seine Aufgabe aufnimmt und
durchführt. Wie wenige Deutsche ist er dazu legitimiert als einer der bekanntesten Hispa-
niologen. Er hat sich seine Aufgabe nicht leicht gemacht. Gerade die am meisten verketzerte
Zeit, die umstrittenste Epoche des 16. und 17. Jahrhunderts, die Zeit Philipp II., seiner
Nachfolger Philipp 111. und IV. und Karl III., also der letzten Habsburger auf dem spani-
schen Thron, hat er sich zur Behandlung erkoren. Mit sicherem Griffel entwirft er ein
vielgestaltiges Bild der Kultur und Sitte dieser Zeit, die ja eigentlich den Zerfall der spa-
nischen Macht einleitet und herbeiführt. Glänzend ist das Charakterbild Philipp II., in
welchem das Unrecht Schillers in seinem „Don Carlos" und seiner „Geschichte des Abfalls
der Niederlande" nachgewiescn wird. Bei der Schilderung der rastlosen und vielseitigen
Tätigkeit Philipp II., der auch als Kunstmäzen eine bedeutende Rolle gespielt hat —
Tizian, Anton Mor aus Holland und eine große Reihe einheimischer Künstler wie Zuc-
caro, Tibaldi, Navarete sind Zeugen dafür —, versteht man es, daß die Spanier seine Zeit
als „goldenes Zeitalter" preisen. Klar und deutlich wird die Inquisition als das hinge-
stellt, was sie war, gegenüber den einfältigen Zerrbildern, die andere Schriftsteller entwor-
fen haben. Ebenso wird die Moriskenvertreibung, die wohl das Land schädigte, gerecht be-
urteilt als eine lebensnotwendige Abwehrmaßregel, durch welche das Land von den Reli-
gionskämpfen bewahrt blieb, die anderwärts jahrhundertelang tobten. Markant sind
auch die Bilder der letzten Habsburger, eingehend ist das Regierungssystem n»it seinen Feh-
lern dargcstellt, prächtig ist die Schilderung der Gesellschaft. Dem Nationalstolz und
Ehrgefühl ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Religiosität, Aberglaube, Moral, Bildung
und Unterricht, Schriftsteller und Bücher, das tägliche Leben jener Zeit ziehen in lebcns-
warmen Bildern am Auge des Lesers vorüber. Das letzte Kapitel behandelt die den
spanischen Charakter eigentümliche Synthese von Idealismus und Realismus, die sich
im ganzen Volksleben zeigt.

Ausgezeichnet ist die Illustration des Werkes. Es handelt sich nicht um Darbietung
von Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten. Die Großzügigkeit der Anlage des Werkes drückt sich
auch im Bildermaterial aus. Zum erstenmal wird veröffentlicht: Kaiser Karl V. in der
Tracht des Ordens vom Goldenen Vließ, nach einer Münchener Handschrift. Cs folgen die
Bilder Philipp II., Philipp III. und seiner Gemahlin Margerita, Philipp IV., letztere drei
von Velasquez; König Karl II. von Miranda; mehrere Bildnisse von El Greco: General-
inquisitor, Kaftilischer Edelmann (zwei Bilder), die Jungfrau Maria (Besitzer Dr. Felir
Schlayer in Madrid), die unbefleckte Empfängnis (Privatbesitz in Tutzing), der hl. Franz

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