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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 41.1926

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2. Heft
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Weser, Rudolf: Der "Ratschluß der Erlösung" in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15944#0064
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sich faltenden Händen das dargereichte Kreuz erfaßt. Sein Haupt ist demütig
geneigt. Rechts vom Beschauer sitzt der Heilige Geist in Mannesgestalt, in
eine weite Albe »nd mit der auf der Brust gekreuzten Stola gekleidet, auf
demselben Thronus wie Gott Vater, und legt seine Rechte auf die Schulter
des knienden Sohnes. Für die mittelalterliche Auffaffung, die sich in diesem
Bilde spiegelt, ist ganz charakteristisch die dreifache Krone Gottes und die
Übergabe des Kreuzes in Analogie mit der Übergabe des Legatenkreuzes durch
den Papst an seine Gesandten").

Dieses sehr zart gemalte Bildchen ist eine Miniatur, die sich im Livre
d'heureö der Katharina von Kleve befindet, heute im Besitz des Herzogs von
Arenberg in Brüssel.

Die Szene des Bildes ist ganz und gar vorweltlich, als reine Himmels-
szene gedacht. Die Art, wie der Vorgang geschildert ist, scheint, wie wir später
noch sehen werden, ganz auf das „Fließende Licht der Gottheit" von Schwester
Mechtild von Magdeburg zurückzugehen.

3. Nicht ohne ansfassende Berührungspunkte mit dem eben besprochenen
Werke ist das als Ratschluß der Erlösung offiziell bezeichnete Gemälde
von Konrad Witz im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin, das vielleicht
lioch der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehört.

Ganz ähnlich dem Livre d'heures-Bild ist im Witzschen Gemälde ein Thron-
seffel hingestellt mit breiter Sitzbank, mit einer Rücklehne, über die jetzt ein
Teppich herabhängt, der auch den Sitz und die breite Stufe bedeckt. Die Rück-
wand ist abgeschlossen durch zwei Seitenpfosten mit durchbrochenem Felde, die
nach vorn je mit einfacher Fiale bekrönt sind. Am Pfeiler rechts, der die Fiale
trägt, ist auf einer Konsole eine Prophetenfigur mit Buch unter einem Bal-
dachin angebracht. Auch hier sitzt Gott Vater, links vom Beschauer, in einem
weiten, herrlich gefalteten, samtbrokatenen Mantel, eine sehr vornehme Ge-
stalt in weißen Locken und schönem Barte, das Haupt mit einer mitraähnlichen
reichverzierten Kopfbedeckung bekrönt, die Rechte segnend erhebend, mit der
Linken ein aufgeschlagenes Buch anfassend, welches ungefähr in der Mitte des
Throns hinter einem auf demselben ruhenden Lamme an die Rückwand gelehnt
ist. Soeben hat sich von seinem Sitze Gott Sohn erhoben, der sich mit ge-
falteten Händen und demütig geneigtem Haupte dem Vater znwendet, um sich
vor ihm niederzuknien. Zwischen Vater und Sohn schwebt über dem eben
genannten Buche in der Höhe des Oberrandes der Rücklehne die Taube des
Heiligen Geistes. Der Nimbus des Vaters enthält die Inschrift: Pater
deu(s) te(r) omnipotens; der des Sohnes: Filinö deus; der der Taube: Spi-
ritus sanctus; auch das Lamm ist nimbiert: Agnns dei. Der Sockel und die
Stufe des Thrones enthalten als Legende daö Schriftwort: llres sunt qui
testimonium dant. . . „Drei sind, die Zeugnis geben". Die größte Eigentüm-
lichkeit des Bildes ist ein sehr kunstvoller Schlüssel, dessen Bart, aus der
Brust Gott Vaters anfstehend, in diagonaler Richtung mit seiner Handhabe

s) Das Bild ist veröffentlicht von Beiffcl, Gefch. d. Verehrung Mariens im Mittelalter, Freiburg,
Herder, 1909, S. 286. Ebenso von Stierling in seiner Abbandlung: „Thcol. Erklärungen z» einigen
Bildern Meister Bertrams in der Hamburger Kunsthalle, im Repert. f. Kunstw. XDIV (VIII),
Heft 4/6, S. 276.

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