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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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4. Heft
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Häcker, Otto: Der Barockbaumeister Franz Keller und seine Tätigkeit auf württembergischem Boden
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0115

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Das Deutsche Haus iu Ulm (1719-24), heute Finanzamt, ist gleich-
falls in der Hauptsache noch erhalten, aber durch lange Benützung als Kaserne
und zu Beamtungen wie auch durch Höherlegung der Bahnhofstraße so ver-
dorben, daß wir das Lob der Zeitgenossen nur schwer mehr verstehen, denen
dieser „italiänische" Bau als der schönste Ulms galt, das Münster nicht aus-
genommen. Es ist ein völliger Neubau von großem Ausmaß, dem alle älteren
Bauten weichen mußten mit Ausnahme der angrenzenden gotischen Kirche zur
hl. Elisabeth (abgebrochen 1818) und eines KaplaneihauseS („Eisenheim-
Schlößchen" 1699), und der offenbar ganz geistiges Eigentum Kellers ist"),
wenn auch die Ausführung einem ansässigen Maurermeister übertragen wurde
(Johann Georg Strampfer; vgl. oben). Eigentümlich ist die Teilung des Haupr-
treppenhauses iu zwei Arme und die Verbindungsbrücke zwischen den beiden
Flügeln und dem Festsaal über die beiden Treppenhausarme hinweg. Der
Glanzpunkt ist der hohe, lichtvolle Feftsaal im Mittelpavillon, dessen Pracht
freilich unter der heutigen Benützung immer mehr zu schwinden droht.

Ein Baudenkmal Kellers, an dem er seine Fähigkeit zur Umwandlung
einer gotischen Kirche in Neuzeitgeschmack betätigen konnte, besitzt die Reichs-
stadt Heilbronn. Mit Geschick hat eS der Künstler hier verstanden, die
Stirnseite der Kirche dem Stil deö benachbarten, kurz zuvor neuerbauten
KommendehaufeS anzupassen und dem Innern unter Schonung der Um-
fassungswände ein Barockkleid zu geben, das der Schloßkirche von Ellingen
zum Verwechseln gleicht - eine weitere Stütze für die urkundlich bestätigte
Urheberschaft Kellers. Der Bau ist als katholische Stadtpfarrkirche zu Peter
und Paul uoch erhalten.

In M e r g e n t h e i m war es Keller nicht mehr zu arbeiten vergönnt, und
der noch skizzenbafte Zustand seiner Pläne machte nach seinem unerwarteten
Tode die Beiziehung anderer Fachgrößen von auswärts nötig: Balthasar
Neumann aus Würzburg und nach Franz Ludwigs Tod (1732) Francois
Cuvilliers aus München. Doch entstand wenigstens noch die Schloßkirche
(1731) nach Kellers Entwurf durch seinen Nachfolger Franz Joseph Roth,
der als junger Stukkator unter ihm gearbeitet hatte und inseine Pläne ein-
geweiht war, ebenso (nach Dehio und Gradmann) ein Teil der Gebäude des
äußeren Schloßhofs (Priefterseminar, später Kameralamt). Noch treuer dürfte
Kellers Plan in H o r n e ck zur Verwirklichung gekommen sein, wo sein jünge-
rer Bruder Johann Michael, Ballier und Steinhauer zu Neckarsulm, mit
der Ausführung betraut wurde, der auch schon den Umbau der Heilbronner
Kirche unter seiner Leitung besorgt hatte').

Dagegen vermochte unser Künstler den dritten Auftrag des Deutsch-
meisters und Erzbischof-Kurfürsten Franz Ludwig noch im wesentlichen zu
seinen Lebzeiten zu erfüllen: den Neubau des Ellwang er Schlosses. Und

4 Daß der Wert der Leistungen Strampfers fragwürdig war. erhellt aus einem Ab^ug, welchen
sich die Witwe Kellers an dem Honorar ihres Mannes wegen baulicher Schäden gefallen lassen
mußte, die durch „zwei schlechte Balliere" oerursacht waren.

7) Dieser „Ordensbaumeister" in Neckarsulm ist nicht, wie Gradmann S. 115 meint, der Neffe
des Franz, sondern sein Bruder; er war auch nicht „Berater", sondern Ausführer. Der Umbau
geschah auck 1729 nicht unter Leitung des 1724 verstorbenen Franz.

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