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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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2. Heft
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Naegele, Anton: Aus der Lorenzkapelle in Rottweil
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0052
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zu Rottweil bei M. Rothschild I87O. Ich habe das fclicnc Exemplar des
ersten Jahrgangs der neuen — wenn der Ansdruck erlaubt ist — Zeitschrift
des Rottweiler Altertumsvereins als angehender Tübinger Student bei einer
Versteigerung der Bücherei des bekannten, an Irrsinn erkrankten Ehinger
Profesiors Dr. Merk erworben und seit 34 Jahren als bibliographisches
Kleinod gehütet, vor allem wegen des dort behandelten und abgebildeten
Orpheusmosaiks (nach der Zeichnung von Georg Eberlein 1847). Das Heft
erschien nach langer Pause der ersten kleinen Reihe dieser Jahresberichte im
ersten Jahr der Neuorganisation des Vereins unter der Vorstandschaft des
Kirchenrats Dr. Durfch. Nach einem Vorwort über die Neubegründung des
alten, im Jahr 1832 ins Leben getretenen Vereins beginnt die erste Abhand-
lung über die römische Niederlassung auf Hochmauern bei Altstadt-Rottweil.
Dann folgt die kurze Vorgeschichte der St. Laurentiuskapelle als Kunstsamm-
lung und das Schicksal der Durschschen Sammlung altdeutscher Bildwerke.

Durch die Verlegung des 1389 angelegten Gottesackers von dem alten
Friedhof um St. Lorenz nach der Ruhe-Christi-Kirche im Jahre 1832
batte die Lanrentinskapellc ihre ursprüngliche Bestimmung verloren und wurde
als Stadtarchiv benützt. Durch die Ernennung Dr, Durschs zum Stadt-
pfarrer von Rottweil sollte sie eine neue Bestimmung erhalten, von welcher
der alte Berichterstatter wünscht, „sie möge lange erhalten bleiben" (S. 16).

AuS dem höchstwahrscheinlich von Durschs eigener Hand stammenden
Artikel über die Sammlung in der Lorenzkapelle erfahren wir einen merk-
würdigen Vorgang in der Vorgeschichte der Erwerbung. Der neue Stadt-
pfarrer von Rottweil batte schon als Professor in Ehingen (1829— 1842)
den Plan gefaßt, „den Sammlungen von altdeutschen Gemälden eine Samm-
lung von altdeutschen Skulpturen gegenüberzustellen". Die schon in Ehingen
erworbene „ansehnliche Zahl solcher Schnitzwerke" vermehrte der Pfarrer von
Wurmlingen (1842 — 1S50) und stellte sie im Chor der ehemaligen Kapu-
zinerkirche in Wurmlingen aus. Der kunstbegeisterte, sammeleifrige Kir-
chenrat gab sich auch weiterhin alle Mühe, „so viele zusammenzubringen, daß
dieser Raum ganz ausgefüllt wurde". Vor der Übersiedlung nach Rottweil
(I85O) beabsichtigte Dr. Dursch die beträchtlich angewachsene Sammlung zu
verkaufen, da sich keine Privatwohnung zur Aufnahme der vielen Kunstwerke
finden ließ und er von dem Vorhandensein eines gegenüber Wurmlingen
„noch weit schöneren und geeigneteren Lokals", nämlich der St. Lorenzkapelle,
keine Ahnung hatte. Als nun der Stadtmagistrat die Kapelle, bisher städti-
sches Archiv, für die Aufnahme der Sanunlung des neuen Stadtpfarrers
hatte räumen lassen, bot er sie der Stadt zum Kaufe an und ließ sie nach
Abschluß des Kaufvertrags von Wurmlingen nach Rottweil in die neuher-
gerichtete Kapelle bringen. Aber der Beschluß des Stadtmagiftrais, „die
Sammlung als Eigentum der Stadt anzukaufen", fand nicht die Genehmi-
gung der Kgl. Kreisregierung; der Kaufvertrag wurde für ungültig erklärt
„in Berücksichtigung der damaligen finanziellen Lage der Stadt". Um die der
Sammlung drohende Gefahr zu beseitigen, „daß sie ins Ausland verkauft und
ihrem Heimatlande entrückt würde", unterrichteten Freunde der alten Kunst

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