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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 2
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Naegele, Anton: Die fürstlich-hohenzollernsche Kunstsammlung in Sigmaringen einst und jetzt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0046

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Hohenzollern und hier voin allzufrühen Grab des Fürsten Wilhelui in der
Hedinger Gruftkapelle zu dem Sarg, der seines Hauses köstlichste Schätze barg —
der Fürftlich-Hohenzollernfchen Kunstsammlung!')

Es mag wohl dem hochsinnigen Gründer und Erbauer des Sigmaringer
Museums, dem letzten Fürsten der hohenzollernfchen Lande, Karl Anton, im
stürmischen Revolutionsjahr 1848 weniger Pein verursacht haben, die Ab-
dankungsurkunde bei der Einverleibung des kleinen Gebiets an Preußen zu
unterzeichnen als seinem Enkel Fürst Wilhelm der Federstrich, der das in drei
Generationen erworbene und auch von ihm gemehrte Kunsterbgut in fremde
Hände gab. Vielleicht hat, so will mir beinahe dünken, der durch die wirtschaft-
lichen, sozialen, finanziellen, politischen — ob auch kunst- und kulturpolitischen?
— Verhältnisse der traurigen Gegenwart erzwungene Erdrosselungsvertrag dem
edlen Fürsten wenige Tage nach der Unterzeichnung eher das Herz abgedrückt
im plötzlichen Tod auf der Straße als die unedle Kampfweise staatlicher Ver-
treter der neuen Republik — freilich auch eine Folge hartstirniger, volksfremder
Kurialen! Der Totenklage um den herzensguten Fürsten, dessen väterliches
Sorgen um die einzige, eines Exulantenkönigs Gattin gewordene Tochter der
Schreiber dieser Zeilen vor 20 Jahren einen Winter am Ufer eines italienischen
Sees teilen und erleben durfte, dessen schneller Abschied von Heimatschloß und
Ahnenbesitz auch am Nilgestade betrauert wurde, sollte nur zu rasch die Be-
weinung eines anderen Verlustes folgen. Den Prozeß der Auflösung dieses herr-
lichsten Fideikommißgutes beschleunigte unter der neuen Verwaltung des Sohnes
und Erbprinzen Friedrich die gegenwärtig wahnsinnig hohe Erbschaftssteuer, die
Grundbesitz und unproduktive Vermögensteile in der tiefsten „Substanz" ver-
nichten muß und jahrhundertelang gehütetes, dem Haus wie der Nation förder-
liches Hab und Gut dem modernen internationalen Börsenkapital ausliefert.

Es haben sich zwar, wie man hören konnte, viele in und außerhalb der fürst-
lichen Residenzstadt und des Stammlandes Hohenzollern immer wieder gefragt,
warum denn nicht statt des für ganz Süddeutschland unersetzlichen, einzig-
artigen Kulturbesitzes, der seit Jahrzehnten durch fürstliche Liberalität der
Oeffentlichkeit zugänglich gemacht war, kulturell bedeutungslose, finanziell
ertragreichere Geldquellen in Aeckern, Wiesen, Wäldern eröffnet und ohne
Schaden für Land und Leute von dem riesigen Grundbesitz, vielleicht schmerzlos
für beide, ein unmerklich Teil abgetrennt wurden. Es soll auch in Stadt und
Land oft genug Kopfschütteln verursacht haben, warum hohe fürstliche Beamte
ohne jedes Bedenken, ohne eine Faser bodenständigen Interesses, ohne einen
Hauch kultureller Verbundenheit von Fürstenhaus, Bürgerschaft und Kunst-
werkheimat einen geradezu verdächtigen Eifer in der Aussetzung dieses Findel-
kindes edelster Herkunft entfaltet haben. Roch befremdender mußte der Eindruck
der von Unterhändlern so leicht oder gar nicht geachteten Tatsache wirken, daß
ein gut Teil der köstlichsten Kunstwerke altschwäbischer Meister aus aufgehobenen
Kirchen und Klöstern, ja aus noch bestehenden kirchlichen und klösterlichen Insti-
tuten stammt, die nur deshalb dem landesfürstlichen Museum die heute
unschätzbaren Gemälde und Statuen überließen oder für die alten Originale
moderne Kopien sich schenken ließen, weil sie dort gleichsam „für ewige Zeiten"

I Den Zeitpunkt der Niederschrift, die Schuldlosigkeit von Verfasser und Redakteur au
der Druckverspätung und die völlige persönliche Unabhängigkeit seines Urteils glaubt d. V.
nach Jahresfrist bei der Druckkorrektur nach allen Seiten besonders betonen zu müssen.

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