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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 3
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Spectator, A.: Die neue Kirche in Baienfurt in Weingarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0102

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gefunden haben als in der neugotischen Pfarrkirche im Virngrund. Wie diese
Baienfurter Probestation bedeutet auch die Bemalung des Chors eine weitere
Etappe in der Entwicklung des technisch bestgeschulten Freskomalers, bei aller
formalen Eigenart doch eine weniger schroffe Antithese zur kirchlichen Tradition,
deren Einfluß wenigstens in ikonographischer Hinsicht meist nicht ungestraft
hintangesetzt werden kann.

Schenks farbenfrohe Fresken am Chorbogen und in der Hochaltarnische
sind es vor allem, die das Auge des Kirchenbesuchers nach vorne auf den
Herzpunkt des Gotteshauses, Altar und Tabernakel ziehen und die Blickrichtung
der ganzen architektonischen Anlage verstärken. Wie ein Ausschnitt aus dem
Tedeum, dem altchristlichen Hymnus: „Großer Gott wir loben Dich" schauen
die Gestalten von Schenks Künstlerhand von den beiden Hauptwänden des Chors
herab auf den zur Andacht gestimmten Beter: Bibi ornnes angeli, tibi Cherubim
et Seraphim incessabili voce proclamant: Sanctus, Sanctus, Sanctus dominus
Deus Sabaot . . . Te gioriosus apostolorum Chorus . . . Dir rufen unauf-
hörlich Engelscharen, Cherubim und Seraphim Heilig, Heilig, Heilig zu . . .
Dich preist der Apostel glorreicher Chor. Gott Vater und Sohn, ehrwürdige
Gestalten, von fast apokalyptischer Ausdruckskraft, überragt von der Taube des
Hl. Geistes thronen in der Mitte des Bogenfelds, ein Kranz von je drei Engeln
schließt sich beiderseits an in trefflicher Gruppierung. Der Lobpreis des drei-
fältigen Gottes geht in der meisterhaft ein- und ausgebauten Hochaltarnische in
den Lobpreis der Gottesmutter Maria über, der die Kirche in Baienfurt geweiht
ist. Mari a, überlebensgroß gemalt, ragt in der oberen Hälfte des Parabelovals
als Königin der Engel, der Apostel, die Hände segenspendend ausgebreitet. Die
12 A p o st e l reihen sich um die im Scheitelpunkt der Chornische majestätisch
schwebende Herrin. Bewunderungswürdig sind nicht wenige Einzelheiten in
diesem Apostelchor, wie Köpfe, Hände, Körperhaltung. Studien zu diesen präch-
tigen Freskogestalten konnte man in der Gmünder Ausstellung christlicher Kunst
anläßlich der Tagung der Generalversammlung des Diözesankunstvereins 1926
sehen, ebenso nach des damaligen Veranstalters und jetzigen Einsenders Wunsch
den Karton des großen Baienfurter Altarbildes*), andere in der Graphik-
abteilung der Stuttgarter Ausstellung religiöser Kunst der Gegenwart 1928H.
Mochten manche Beschauer des großen Kartons in Gmünd damals kritisch über
das proportionale Verhältnis von Hauptgestalt und Reihenfiguren sich äußern,
in der Ausführung der auch farbig wohlgelungenen Komposition schwinden diese
von fachmännischer Seite geäußerten Bedenken mehr und mehr, ganz abgesehen
von der einzigartigen Stellung, welche nach Glauben und Lehre der katholischen
Kirche Maria im Himmel einnimmt, „erhöht über alle Chöre der Engel und
Heiligen". Eine nachträgliche Abänderung des ursprünglich farbigeren Entwurfs
mag es verschulden, daß die jetzige, an alte Miniatur- und Buchmalerei erinnernde
weiße Farbengebung und Konturierung die Fernwirkung der sonst ausgezeich-
neten Apostelfresken etwas beeinträchtiat. Doch kann diesem Uebelstand die
künstliche Beleuchtung ein wenig abhelfen.

Das ganze Hochaltarfresko bedeckt einen Raum von 7 Meter Breite und
11 Meter Höhe. Auf dem der Hochaltarnische vorgelagerten Bogenfeld zieht

4) Vgl. Archiv f. chr. Kunst 1927 S. 61 ff.

6) Ebenda 1928 S. 130,

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