AUS DEN TAGEBÜCHERN
19.11.1912
(Aus einem Brief an den Sohn) . . . Ich glaube nicht, daß
ich das Leben jetzt verschleierter sehe, im Gegenteil,
aber ich sehe es mehr von weitem, übersehe es mehr
und es scheint mir nun auch sinnvoller. Damals war es
so, als ob man unmittelbar vor sich gewissermaßen mit
der Nase darauf stoßend einen Koloß hatte, von dessen
Größe man nichts kannte, der durch krasse Beleuchtung
grelles Licht und kohlschwarze Schatten bekam. Jetzt
bin ich diesem Monstrum ferner gerückt, hab mich be-
kannt gemacht mit seinen Formen und es hat z. T. seine
Schrecken verloren . . .
Silvester 1912/13
. . . Schlimm ist, daß ich manchmal an mein Arbeiten
nicht mehr glaube. Früher sah ich nicht von der Seite,
jetzt fühle ich mich angreifbar, bin manchmal arg ver-
zagt. Auch beunruhigt mich sehr die Jugend mit ihrer
anderen Richtung. Hätte ich große Kraft in mir, würde
sie mich wenig kümmern, jetzt fühle ich keinen Nach-
hall, komme mir zum alten Eisen geworfen vor. Das ist
auch so. Und das einzige, was man tun kann, ist, Scheu-
klappen yorzunehmen und für sich zu büffeln und sich
um nichts anderes zu kümmern . . .
Januar 1918
Ich arbeite nun wieder graphisch . . . Komme immer
mehr in die Arbeit. Das erste Stadium, wenn man an-
fängt zu fühlen, wie die Gleichgültigkeit nachläßt, eine
Art Auftauen und wieder fühlen können eintritt. Das
zweite Stadium, wo ein wirkliches und frohes Interesse
da ist und man nicht mehr an der Berechtigung zwei-
felt, gerade dieses zu arbeiten. Das dritte Stadium, wo
die Arbeit einen in Klammern hat, wo sie wie eine Last
auf einem draufhockt und man weniger froh ist als
schuftet. Man muß.
27
19.11.1912
(Aus einem Brief an den Sohn) . . . Ich glaube nicht, daß
ich das Leben jetzt verschleierter sehe, im Gegenteil,
aber ich sehe es mehr von weitem, übersehe es mehr
und es scheint mir nun auch sinnvoller. Damals war es
so, als ob man unmittelbar vor sich gewissermaßen mit
der Nase darauf stoßend einen Koloß hatte, von dessen
Größe man nichts kannte, der durch krasse Beleuchtung
grelles Licht und kohlschwarze Schatten bekam. Jetzt
bin ich diesem Monstrum ferner gerückt, hab mich be-
kannt gemacht mit seinen Formen und es hat z. T. seine
Schrecken verloren . . .
Silvester 1912/13
. . . Schlimm ist, daß ich manchmal an mein Arbeiten
nicht mehr glaube. Früher sah ich nicht von der Seite,
jetzt fühle ich mich angreifbar, bin manchmal arg ver-
zagt. Auch beunruhigt mich sehr die Jugend mit ihrer
anderen Richtung. Hätte ich große Kraft in mir, würde
sie mich wenig kümmern, jetzt fühle ich keinen Nach-
hall, komme mir zum alten Eisen geworfen vor. Das ist
auch so. Und das einzige, was man tun kann, ist, Scheu-
klappen yorzunehmen und für sich zu büffeln und sich
um nichts anderes zu kümmern . . .
Januar 1918
Ich arbeite nun wieder graphisch . . . Komme immer
mehr in die Arbeit. Das erste Stadium, wenn man an-
fängt zu fühlen, wie die Gleichgültigkeit nachläßt, eine
Art Auftauen und wieder fühlen können eintritt. Das
zweite Stadium, wo ein wirkliches und frohes Interesse
da ist und man nicht mehr an der Berechtigung zwei-
felt, gerade dieses zu arbeiten. Das dritte Stadium, wo
die Arbeit einen in Klammern hat, wo sie wie eine Last
auf einem draufhockt und man weniger froh ist als
schuftet. Man muß.
27