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II, 5. Brief des Proklos an die Armenier.

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die Hoffnung ist erhaben über jedes Hindernis und bringt
ohne Verzug die Erwartung dem Erwartenden nahe. Die
Liebe aber ist das Haupt aller Geheimnisse, denn sie be-
wog Gott das Wort, obwohl er zu jeder Stunde auf der

5 Erde, allem nahe und bei allem war, und auch (S. 105)
Himmel und Erde von ihm erfüllt waren, dafs er (doch)
Leib würde und vermittels eines Körpers käme, und ob-
wohl er Gott war, auch Mensch würde. Er bewahrte das
Seine um seinetwillen und ward uns gleich um unsert-

10 willen. Beides also pafst zu einander; denn der Glaube
ist der Spiegel der Liebe, und die Liebe ist die Vollendung
des Glaubens.

Wir glauben also, dafs Gott das Wort ohne Ver-
änderung Leib geworden ist; und mit Recht glauben wir

15 (es), denn dies ist das Fundament unserer Erlösung. Und
seine Natur empfängt keine Veränderung und bewirkt in
der Dreifaltigkeit keine Vermehrung, denn so glauben wir
auch. Jeder Christ also, der nicht reich ist an Glauben,
an Hoffnung und an Liebe, ist nichts Nennenswertes; son-

20 dern wenn man auch von ihm meint, dafs er seinen Leib
bezwungen habe und befreit sei von den Leidenschaften
der Seele, so ist er doch nicht würdig der Siegerkrone, da
er (zwar) die sichtbare Tracht der Tugend bewahrt hat, nicht
aber sich dem Kröner der Sieger genähert hat, (nämlich)

25 derer, die für die Tugend in Glauben, Hoffnung und Liebe
kräftiglich gerungen haben. Der Glaube also ist, wie man
sagt, das Haupt aller Güter. Er möge daher ohne Falsch
bewahrt werden, und wir wollen ihn nicht beflecken durch
den Trug menschlicher Gedanken und ihn nicht verwirren

30 durch beunruhigende Worte, noch durch Erklärung derer,
die für weise gehalten werden, da der Glaube nicht er-
klärt werden kann; denn ein Geheimnis ist der Glaube.
Er möge also innerhalb der Grenzen des Evangeliums der
Apostel bleiben, und niemand möge die Verwegenheit

35 haben, durch seine Erklärung gegen den Glauben zu
streiten, durch den er erlöst ist und den er bei der Taufe
bekannt hat durch die Schrift seiner Zunge. Denn die
 
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