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SUPPLEMENTE iga

sie Predigten wurden daher gewiss noch mehrere
Vollkommenheit erhalten , wenn er sich mehr her-
abliimmen lernen, und nicht so sehr zu gefallen,
als vielmehr zu erbauen sachen wollte.
Leipzig, bey Schneidern: Chrißliche Haustasel
für edle Stände , aus der heil. Schrift gezo-
gen. •—- ■ Von einem frommen ehrwür-
digen neunzigjährigen Psarrer schristlich hin-
terlaßen, und um der allgemeinen Brauchbar-
keit willen von einem seiner Erben dem Druck
übergeben. 1787. 170 S. 8- (8 Gr.)
Ob dies Sittenbuch aus der Feder eines Geist-
lichen oder Layen , eines uralten oder jüngeren
Mannes ssoss, das wird zurBestimmung seines wah-
ren Werthes wenig entseheiden. Genug, dass es
eine Schrift ist, die ohne vielfache W’elt-und Men-
schenkenntniss das nicht werden konnte, was Ile
wirklich ist, und dass der Vers. hier einen Spiegel
aufstellt, der. wo nicht allen, doch den meiden
Ständen zu einer heilsamen Prüfung , und über-
haupt zur nähern Beurtheilung mancher Menschen-
klaßen und Charactere dienen kann , welche man
in andern Haustafeln entweder vergeblich sachen,
oder wenigstens nicht so genau geschildert finden
würde. Läuft auch hier und da ein hartes Wort
mit unter, wer will das einem alten Pfarr ver-
argen, der noch dazu nicht mehr im Lande der
Lebendigen seyn soll ? Und vielleicht ist auch
manches davon auf das Locale der tödlichen Pro-
vinz von Deutschland zu rechnen, in welcher und.
für welche dies Buch geschrieben zu seyn scheint.
Die Methode, welche der Verf. wählte, das,
was er von den Gebrechen unsrer Welt aus dem
Herzen hatte, mit guter Manier herauszusagen, ist
diese, dass er für jeden Stand gewiße biblische
Sprüche wählt, denen er zum Wortverssand und
zur practifchen Nutzanwendung eben so deutliche,
als krästige Anmerkungen beysügt, und so un-
ter 31 '1 iteln dem, der nur Ohren zu hören hat,
manche derbe Wahrheit predigt. Obgleich kein
Stand bey ihm auf viele Schonung rechnen darf ,
so wird doch einer vor dem andern etwas unsanst
mitgenommen, und die geringem Stände kommen
hier am gelindesten und kürzesten weg, welche
sonst gewöhnlich mit dem wenigsten Glimpse be-
handelt werden. Fürsten und ihren Miniflern hest
der Vers. die Moral so gut, als Mönchen und Non-
nen. Von Jesuiten und Exjesuiten ist er em ge-
schworner Feind ; und das Prognosticon, das er d em
Papste stellt, konnte in der That nicht schlimmer
seyn. Um eine Probe des Vortrags zu geben,
schreiben wir S. 35 eine Stelle ab , die freylich
manchem Plusmacher wenig behagen möchte. ,,Ein
Blutsauger, der die verssuchte Kunst gelernt hat,
neue Aussagen zu machen, den armen Untertha-
rren den Schweis auszupreflen, •— —-der
wird in vielen Gnaden aufgenommen, — — und
ihm der Titel Ihro Excellenz gegeben, welches letz-

tere aber an Geh nicht unrecht ist, weil er doch in
der Schurkerey wirklich excellirt.“ Und S. 130:
».Wie mancher dürftige Kranke würde Gott und
Menschen mit tausend Freudenthränen danken, wenn
ihm nur ein kleiner Theil von dem gereicht wür-
de, was ein fetter gesrässiger Mönch an einem ein-
zigen Portiunculafest gierig verschlingt ! Viele ar-
me Haushaltungen würden gerne bey Nacht spin-
nen und andere nützliche Arbeiten verrichten ,
wenn sie nur etwas Oel in ihre Lampen hätten;
und haufenweise werden die Lichter in die Kipsser
zu unnützen Mönchen getragen, und dort gröss-
tentheils am hellen Tage verbier.net, vielleicht
zum Zeichen, dass diess blinde Geschlecht beym
hellen Sonnenlichte nichts ssehet. “ — Wahrschein-
lich wäre das Buch richtiger gedruckt, wenn Se-
tzer und Corrector auch ihreLeftion darinn gefun-
den hätten. Doch die hätte schon im Anfänge der
Vorrede liehen müßen.
Lemgo , in der Meierschen Buchhandlung :
Thomas Seckers, der Rechte Doctors, weiland
Erzbifchofs von Canterbury,, Predigten, dichter
und letzter Band, welcher Gelegenheitspredigten
enthält 1785. I Alph. 4 Bogen in g- ( 16
Gr.)
Mit diesem Bande wird die Uebersetzung der
Seckerfchen Predigten beschloßen. Es kommen dar-
inn lauter Predigten vor, die bey ausserordentli-
chen ^Anläßen gehalten worden sind. Die mehre-
sten derlelben sind von der Art, dass sie haupt-
sächlich einen Engländer intereßiren , indem sie
sich theils aus dort vorgefallene Begebenheiten, z.
E. die Entdeckung der bekannten Pulververschwö-
rung, ein im Jahr 1750 daselbst bemerktes Erdbe-
ben u. s. f., theils aut gewiße dort gemachte Ein-
richtungen , z. E. die Versammlung gewißer Ge-
sellschaften u. s. s., beziehn. Indess wird doch
auch der deutsehe Leser die Aussührung mancher
Materien mit Vergnügen lesen, und das nicht bloss
wegen ihrer Neuheit und Wichtigkeit , sondern
auch wegen der geschickten und gründlichen Be-
arbeitung, worinn der Verf. wirklich Meister ist.
In der That sehen die mehresten dieser Predigten
eher theologischen Abhandlungen als Kanzelvor-
trägen ähnlich. Eben daher wollen sie auch ge-
übte Leser haben; ja eben daher können wir sie
unsern Kanzelrednern keineswegs zur Nachahmung
empfehlen. Doch der Werth dieser Seckerfchen
Predigten darf nicht erst durch unser Unheil bestä-
tiget %-erden , da er längst in andern gelehrten
Journalen und Zeitungen untersucht und entsehie-
den worden ist. Wir tilgen daher nur noch hinzu,’
dass die bereits angemerkte Predigt am Gedächt-
nißpredigt der entdeckten Pulvdfverfchwörung auch
in unsern jetzigen Streitigkeiten über den Katho-
licismus und Jesuitismus die Aufmerklamkeit der
Wahvheitsfreunde verdient , so wohl wegen der
Delicatelse, Bescheidenheit und Schonung, womit
zft
 
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