Supplemente
zur
vom Jahre i 7 8 7«
Numero 29.
RECHTSGELAHRTHEIT.
Regensburg, b. Montags Erben : Das erbschaft-
liehe Herfendungsrecht ohne Bcßtzergreifung,
aus dem Käme ralr echte des Mittelalters beleuch-
tet , und aus dem Europ'difehen > Teutfchen
und Preußifchen Privatrechte erwiesen, von D,
Fr. Chrifi. Jonathan Fischer, Professor des
Staats • und Lehnrechts zu Halle, 1786. Igo S.
8- (10 gn)
In dem Eingänge trägt der Vf. seine Lieblingsidee
A von der sammteigenthümlichen Verfassung, die
allen deutsehen Völkern gemein und der einzige
Grund der Erbfolge gewesen seyn soll, abermals
vor, und sucht ihre Allgemeinheit hauptsächlich
gegen Mbfer zu vertheidigen, welcher in seiner
Ossnabriickischen Geschichte behauptete, dass sol-
che nur den Suewen eigen gewesen sey. Ueber
die Hauptsache selbst will Rec. mit dem Vf. nicht
rechten, nur wär es ihm äufferst auffallend, wie
Hr.F. S. 6, zu behaupten getraut: „in den beyden
„Wiirtembergischen Klosterämtern Alpirspach und
,,St. Georgen besitzt noch diese Stunde der gemei-
ne Bauersmann einen solchen Distrikt Land, dass,
,,wenn er sich auch aus einen Hügel hinstellt, er
,,doch nicht im Stande ist, den ganzen Umfang
» seiner Güter zu übersehen , und ungeachtet er
„eine Menge Knechte und Mägde mit ganzen Heer-
oden Rindvieh und Pserden unterhält, doch des
,,Jahrs nur den zehnten Theil davon erbauen kann.
„Es gehören ihm oft ganze Waldungen von ein
,,und zwey Meilen imUmkreise zu.“ Eben so be-
dars der Begrisf, den der Vs. S. 9 von Sattelgütern
giebt, noch manche Berichtigung, und ist ein Be-
weis, dass Ur. F. nur gar zu gerne vom particu-
lären aufs allgemeine schliesst. Aus dem nemli-
chen Gesichtspunkte scheint uns auch sein System
vom Staatsobercigenthumsrecht betrachtet werden
zu müden. Er denkt sich dieses als ganz allge-
mein, und erklärt sich daraus eine Menge deut-
scher Rechtsinstitute die doch gevyiss auf ganz
A. L. Z. 17S7. Eierter Band*
andern, viel natürlichem, der deutsehen Verfaß-
sung angemessenern Gründen ruhen. So leitet er
z B. aus denselben die ehemals allgemein übliche
AllodiaUnvestitur , das landesherrliche Hegestol-
zenrecht. das Recht, sich der erblosen Guter zu
bemächtigen, das Heimsallsrecht, das Consiscations-
recht, das Amortisationsrecht, u. die landesherr-
liche Ertheilung der Testamentsfähigkeit her.
Auf die Widerlegung dieser einzelnen Behau-
ptungen können wir uns hier nicht einlassen, das
gezwungene Geschicht - und Wahrheitswidrige,
wird jedem Kenner ohnedem sogleich von selbst
ausfallen s nur bedauern müllen wir, dass
noch immer eine so irrige und trügliche Methode
bey Bearbeitung des deutsehen Privatrechts von
vielen besolgt wird. Was kann die Wissenschast
durch Aufftellung solcher unerwiesenen Hypothe-
sen gewinnen, und muss Aufklärung der Wahr-
heit "nicht darunter leiden, wenn man dann mit
allgemeinen Hypothesen fechtet, wo Geschicht-
forschung allein Licht geben kann? Was den ei-
gentlichen Gegenstand dieser Abhandlung anlangt;
so behauptet Hr. F, dass der germanische Rechts
{atz: Die Inteßaterbfchaft geht aus jeden Erben,
der mit d.em Erblajfer von einer Geblütsabkunst iß,
ohne alle Befitzergreifung, geradezu über , welchen
die Parömie, der Todte erbet dem Lebenden, aus-
drückt, ein allgemeiner ' Grundsatz des heutigen
Europäischen Privatrechts sey, und auch in
Deutschland noch jetzt einen allgemeinen gericht-
lichen Gebrauch für sich habe. In Beziehung auf
Letzteres beweist der Vers. seinen Satz: a) Durch
die beyden Rechtsbücher des Mittelalters, die in
den übereinstimmenden Lehrsätzen gemeines Recht
ausmachen , und in gewißer Rücksicht noch heut-
zutage als Gesetzbücher verehrt werden müßen;
b) Durch die Lehnrechtsbücher des Mittelalters
und das Longobardische Lehnrecht, c') Durch Fa-
milienverträge; d) Durch das Bauernrecht,
e Durch das Zeugniss der alten Gloßatoren und
Praktiker, aus deren Uebereinstimmung heut zu
Tage allgemeine deutsehe Rechtsgewohnheiten er-
E f wiesen.
zur
vom Jahre i 7 8 7«
Numero 29.
RECHTSGELAHRTHEIT.
Regensburg, b. Montags Erben : Das erbschaft-
liehe Herfendungsrecht ohne Bcßtzergreifung,
aus dem Käme ralr echte des Mittelalters beleuch-
tet , und aus dem Europ'difehen > Teutfchen
und Preußifchen Privatrechte erwiesen, von D,
Fr. Chrifi. Jonathan Fischer, Professor des
Staats • und Lehnrechts zu Halle, 1786. Igo S.
8- (10 gn)
In dem Eingänge trägt der Vf. seine Lieblingsidee
A von der sammteigenthümlichen Verfassung, die
allen deutsehen Völkern gemein und der einzige
Grund der Erbfolge gewesen seyn soll, abermals
vor, und sucht ihre Allgemeinheit hauptsächlich
gegen Mbfer zu vertheidigen, welcher in seiner
Ossnabriickischen Geschichte behauptete, dass sol-
che nur den Suewen eigen gewesen sey. Ueber
die Hauptsache selbst will Rec. mit dem Vf. nicht
rechten, nur wär es ihm äufferst auffallend, wie
Hr.F. S. 6, zu behaupten getraut: „in den beyden
„Wiirtembergischen Klosterämtern Alpirspach und
,,St. Georgen besitzt noch diese Stunde der gemei-
ne Bauersmann einen solchen Distrikt Land, dass,
,,wenn er sich auch aus einen Hügel hinstellt, er
,,doch nicht im Stande ist, den ganzen Umfang
» seiner Güter zu übersehen , und ungeachtet er
„eine Menge Knechte und Mägde mit ganzen Heer-
oden Rindvieh und Pserden unterhält, doch des
,,Jahrs nur den zehnten Theil davon erbauen kann.
„Es gehören ihm oft ganze Waldungen von ein
,,und zwey Meilen imUmkreise zu.“ Eben so be-
dars der Begrisf, den der Vs. S. 9 von Sattelgütern
giebt, noch manche Berichtigung, und ist ein Be-
weis, dass Ur. F. nur gar zu gerne vom particu-
lären aufs allgemeine schliesst. Aus dem nemli-
chen Gesichtspunkte scheint uns auch sein System
vom Staatsobercigenthumsrecht betrachtet werden
zu müden. Er denkt sich dieses als ganz allge-
mein, und erklärt sich daraus eine Menge deut-
scher Rechtsinstitute die doch gevyiss auf ganz
A. L. Z. 17S7. Eierter Band*
andern, viel natürlichem, der deutsehen Verfaß-
sung angemessenern Gründen ruhen. So leitet er
z B. aus denselben die ehemals allgemein übliche
AllodiaUnvestitur , das landesherrliche Hegestol-
zenrecht. das Recht, sich der erblosen Guter zu
bemächtigen, das Heimsallsrecht, das Consiscations-
recht, das Amortisationsrecht, u. die landesherr-
liche Ertheilung der Testamentsfähigkeit her.
Auf die Widerlegung dieser einzelnen Behau-
ptungen können wir uns hier nicht einlassen, das
gezwungene Geschicht - und Wahrheitswidrige,
wird jedem Kenner ohnedem sogleich von selbst
ausfallen s nur bedauern müllen wir, dass
noch immer eine so irrige und trügliche Methode
bey Bearbeitung des deutsehen Privatrechts von
vielen besolgt wird. Was kann die Wissenschast
durch Aufftellung solcher unerwiesenen Hypothe-
sen gewinnen, und muss Aufklärung der Wahr-
heit "nicht darunter leiden, wenn man dann mit
allgemeinen Hypothesen fechtet, wo Geschicht-
forschung allein Licht geben kann? Was den ei-
gentlichen Gegenstand dieser Abhandlung anlangt;
so behauptet Hr. F, dass der germanische Rechts
{atz: Die Inteßaterbfchaft geht aus jeden Erben,
der mit d.em Erblajfer von einer Geblütsabkunst iß,
ohne alle Befitzergreifung, geradezu über , welchen
die Parömie, der Todte erbet dem Lebenden, aus-
drückt, ein allgemeiner ' Grundsatz des heutigen
Europäischen Privatrechts sey, und auch in
Deutschland noch jetzt einen allgemeinen gericht-
lichen Gebrauch für sich habe. In Beziehung auf
Letzteres beweist der Vers. seinen Satz: a) Durch
die beyden Rechtsbücher des Mittelalters, die in
den übereinstimmenden Lehrsätzen gemeines Recht
ausmachen , und in gewißer Rücksicht noch heut-
zutage als Gesetzbücher verehrt werden müßen;
b) Durch die Lehnrechtsbücher des Mittelalters
und das Longobardische Lehnrecht, c') Durch Fa-
milienverträge; d) Durch das Bauernrecht,
e Durch das Zeugniss der alten Gloßatoren und
Praktiker, aus deren Uebereinstimmung heut zu
Tage allgemeine deutsehe Rechtsgewohnheiten er-
E f wiesen.