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Allgeyer, Leo
Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen: ein Beitrag zur Baugeschichte und ästhetischen Würdigung des mittelalterlichen Denkmals — Wiesbaden, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.8493#0071
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— 57 —

Der Meister unseres Kunstwerkes ist demnach Jos.
Zirn, während sein Nachbar der „Schreiber" Christ.
Gaist wohl in anderer Eigenschaft damit in Beziehung
gestanden hatte, was unzweifelhaft aus der Tafel links
hervorgeht, nach welcher Zirn als „Bildhauer" erscheint
und „gerissen" hatte, d. h. in diesem Fall geschnitzt hat.

Die Arbeit stammt somit aus der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts, aus einer Zeit, welche sich gegenüber
der frühern Kunstperiode in ihren Schöpfungen bereits
einer gewissen Uebertreibung zuneigte. Das Bemühen,
innerliche Vorgänge, Affekte und Seelenzustände im pia-
tischen Kunstwerk zu sichtbarem Ausdruck zu bringen,
mit andern Worten, die Verlegung des Hauptaccents von
der Form auf den Inhalt des Kunstwerks, und daraus
entspringend die Vorliebe für leidenschaftliche Bewegtheit
der Gestalten, — ein Beginnen, das in der Folge zu den
Verirrungen der Bernini'schen Schule, dem sogenannten
Barokstyl führte, — fing eben an seinen Einfluss auszu-
üben. Indessen weisen die überleitenden Anfänge dieser
Richtung noch eine Fülle edler Werke auf, in welchen
der Sinn für die maasvolle Schönheit und den strengen
Adel des altern Styls noch das Uebergewicht behauptet,
und mit vollem Recht dürfen wir das Ueberlinger
grossartige Altar werk noch unter dieselben rechnen.

Nahezu in der ganzen Höhe des Chores erhebt sich
dasselbe in reichem architektonischem Aufbau gegen das
Gewölbe, Wohl an die vierzig, zum Theil fast lebens-
grosse Figuren, in den Hauptgruppen das Leben der
Jungfrau Maria darstellend, bevölkern das kühne Holz-
schnitzwerk 72).

Wir sehen als unterstes Bild die Jungfrau und den
verkündenden Engel; über demselben folgt als zweite

Die kulturhist. Sammlung bewahrt die grosse, schöne und gut erhaltene
Original-Skizze für unser HolzBchnitzwerk.
 
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