Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Allgeyer, Leo
Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen: ein Beitrag zur Baugeschichte und ästhetischen Würdigung des mittelalterlichen Denkmals — Wiesbaden, 1879

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8493#0079
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 65 —

figuren von vorzüglicher Arbeit. Nach den noch zum
Theile vorhandenen Säulchen und Baldachinen zu schlies-
sen, scheint früher eine grössere Zal solcher Statuen
als Schmuk gedient zu haben.

Die untere Abtheilung, nur aus je elf Klappsitzen
mit Baken bestehend, zeigt keinen figürlichen Schmuk,
dagegen zieht sich oberhalb derselben ein Fries in reich
gehaltenem Maaswerke hin, während über Letzterem
durch, in der ganzen Länge das Betpult für die obern
Sitze in einfachen Hohlkehlen und Rundstäben seinen
Platz findet, dessen Schlusswände als Dekoration reiches
Maaswerk zeigen. Die Betpulte sodann sind rechts und
links der Sitzreihen geschmükt je mit acht sich den
Rücken kehrenden, phantastischen Thiergestalten zum Theil
mit Menschenköpfen. Das Werk, im Ganzen aus 46 Sitzen
bestehend, geschmükt mit 22 plastischen Köpfen, 4 Sta-
tuen und 16 Thiergestalten, — in Eichenholz gefertigt
und von schönem dunkelbraunen Tone, ist im Ganzen
vorzüglich erhalten. Die treffliche Arbeit dürfte dem
Ende des 15. Jahrhunderts wenn nicht der Mitte dieser
Zeitrechung entstammen; sie zeigt in der Behandlung
mancher Theile eine auffallende Aehnlichkeit mit dem
schönen, jedoch etwas altern Gestühle der Stephans-
kirche zu Constanz.

Ich kann mich daher aus diesen Gründen nicht mit
der von anderer Seite früher ausgesprochenen Ansicht
befreunden, dass das Ueberlinger Chorgestühl aus der
Reformationszeit stamme. Die Annahme, dasselbe sei
eine Stiftung oder Schenkung des von 1526 — 41 am
Orte anwesenden Constanzer Domkapitels oder des da-
maligen Fürstbischofs Johan VI., widerspricht, so lange
sie der urkundlichen Bestätigung entbehrt, aus histori-
schen und innern Gründen der Wahrscheinlichkeit.

Als das einzige unter den Ausstattungswerken des
Ueberlinger Münsters, welches der reinen Gothik

4
 
Annotationen