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Allgeyer, Leo
Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen: ein Beitrag zur Baugeschichte und ästhetischen Würdigung des mittelalterlichen Denkmals — Wiesbaden, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.8493#0089
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— 75 —

vermachte derselbe testamentarisch der Münsterkirche
einen ..prächtigen Ornat" und der Stadt einen Theil sei-
ner Bibliothek. An Messgewänden, Teppichen, Spitzen,
Fahnen, Einbanddecken und dergleichen Geräthschaften
von kunsthistorischem Werthe, ist leider die Ueberlinger
Münsterkirche arm. Einige der Messgewänder dagegen ver-
dienen der feinen Handstickereien wegen Beachtung.

Vielleicht dem 13. Jahrhundert angehörend sind
einige Reliquien -Kästchen aus getriebenein und ver-
goldeten Kupferbleche zu verzeichnen; dessgleichen ein
Solches aus Perlmutter, geschmükt mit geschnitzten Or-
namenten und Figuren.

Sodann begegnen wir vier in Silber getriebenen,
die vier Hauptfeste des Kirchenjahres darstellenden
Tafeln; silbernen Kännchen, Rauchfässern,
Schiffchen, Leuchtern, Lampen, zum Theil ohne
jeden Kunstwerth, ferner einigen Stand- und Brust-
bildern von Heiligen in gediegenem Silber.

Von Letztern besitzt für uns eine Marien-Statue
— Maria mit dem Kinde — historisches Interesse. Die
Jungfrau, das Haupt von einem silbernen Strahlenkranze
umgeben, alles in getriebenem Silber schön ausgeführt,
misst in der Höhe 120 cm. und wurde nach der Belage-
rung der Stadt durch die Schweden zum Andenken an
den 1634 glücklich errungenen Sieg gestiftet; doch fällt
die Arbeit erst in die zweite Hälfte des 17. Jahrh.a5).

w) Nach einem 1648 erschienenen Gedichte des Paters Sebastian Bürster
zu .Salem, eines Machwerkes voll .Spott und Malyce auf die Ueberlinger, wird die
Anfertigung der Marienstatue in Abrede gestellt und die Ueberlinger beschuldiget,
Ihr Geliibte gebrochen zu haben! In jenes Paters Collektaneen, welche besonders
auch die Eroberung der Stadt durch Widerhold 1613 in äusserst feindseligem Sinne
bespricht, ist die Statuenangelegenheit ebenfalls in ähnlicher Weise behandelt. Das
Original von Bürstcr's Chronik sowohl — worin das Gedicht —, als das Orig. von
dessen Collektaneen — im Karlsruher Landesarchive. Aus Allem geht unzweifelhaft
hervor, dass unsere Statue erst geraume Zeit nach der schwedischen Belagerung
zur Ausführung gekommen sein kann.
 
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