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Münsterbau-Verein <Konstanz> [Hrsg.]
Das Alte Konstanz: Stadt u. Diöcese in Schrift u. Stift dargest. — 2.1882

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Heft 4
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Wandgemälde in Konstanz aus dem 14. Jahrhundert, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8575#0066
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lVandgemälde in Aonstanz aus dem sH. Iahrhundert.

(Schluß.)

3. Der kunstgeschichtliche werth der ^reskeu.

L)err j)rofessor Lübke gibt über diese Hreskeu seiu Nrtheil dahin ab (s. Ettmüller

pa§. 2^0 ff.):

Der kuustgeschichtliche Werth dieser Bilder, sagt er, steht ihrer Bedeutuug sür das
Rulturlebeu des deutschen Mittelalters kaum nach. Lie stauuneu aus eiuer Zeit, welcher
zwar eiu tieferes Verstäudniß der Rörpersormeu uoch uicht aufgegaugen, dereu Auge aber
der Natur schon hiulänglich geöffuet war, um die allgemeiueu verhältuisfe mit richtigem
Gefühl aufzufasseu. Oaher ist anch dieseu ^chöpfuugeu jener ansprechend uaive Aug,
jeuer lhauch einer schlichten Lmpfiuduug eigeu, welcher deu Werkeu des Atittelalters, uud
vorzüglich deuen der gothischeu Lpoche eiueu besondereu Aeiz verleiht. vergleicheu wir
uämlich uusere Alalereieu mit den AAuiatureu iu der Atanesse'schen chaudschrift der AAune-
säuger und mit anderu ähulichen Bilderu jeuer Aeit, so dürfen wir ihre Lutstehuug uicht
später als iu die ersteu Oecenuien des 14- Iahrhuuderts weiseu. Oamals hatte die Ruust
die letzten Aeberreste des streugereu romauischeu 5tsles völlig überwunden uud gab ihreu
Gedaukeu iu fiietzeud weichen ^ormeu, iu aumuthig bewegteu Gestalteu eineu ueuen
Ausdruck. Gin fast weiblicher Zug, der vom ^iuuigeu sich uicht felteu bis ins ^>chwär-
merifche steigert, ist deu ^chöpfuugeu jeuer Lpoche eigeu, der darum auch die weiblichen
Agureu zmneist am besteu geliugeu.

Dieseu siunig uaiven Ausdruck fiuden wir auch in den Roustauzer Bilderu. In
weuigeu Liuieu vou weichem Ausse ist das wessutliche der Gestalteu uud ihrer Beweguugen
zur Tlnschauuug gebracht. Oie verschiedeueu Beschäftigungen sprecheu sich deutlich aus,
uud bei der groheu Akauuigfaltigkeit vou Abotiveu uameutlich iu der chaltung des Gber-
körpers uud der Arme leitet deu Rünstler eiue fcharfs Beobachtung, verbunden mit einem
Gefühl für das Aumuthige uud lv>chöue. Besouders bezeichnend ist die fast immer leise
geueigte !5>eukuug des jugeudlicheu Ropfes, der durch ruudlichs ^ormen, reiche Lockeufülle
uud 2^oseukräuze bei dcu Iuugfrausu, durch schicklich geordueten Laltenwurf des ^chleiers
bei deu Hraueu eiueu Lsauch liebeuswürdiger Idealität verräth. Diese erhöhte ^>tiuunuug
der Aeit tritt gerade bei eiuem Gegenstande wie der vorliegende iu um so helleres Licht,
wsun wir uus eriuueru, daß wir uur ^abrikarbeiteriunen des Iahrhuuderts iu ihreu
verschiedeueu thaudtieruugeu vor uus habeu. ^>o stark war in jeuer Lpoche das Bedürsuiß,
felbst den aus dem uiedereu Alltagsleben geschöpften Oarstelluugeu eiuen ^-chimmer vou
^chönheit zu verleiheu. Menu uuu das Baturstudium noch uicht vorgerückt geuug war,
um die Gestalteu durch Akodeliiruug plastisch zu ruudeu, wenn im!ötrebeu nach lebendiger
Beweguug mauchmal die etwas gespreizteu Arme au die Greuzen dcr Auffassuugs- und
Darstelluugsgabe eriuueru, so siud diese iu alleu ivchöpfungeu jeuer Lpoche mehr oder
miuder häufig wiederkehreuden Gigenschafteu doch keiuen Augeublick im !5>tande, den
Lindruck frischer Batürlichkeit uud schlichter Baivetät abzuschwächen, den diese Bilder
hervorbriugen.

Ciu besouderer Werth liegt daun noch iu der Leltenheit solcher Darstellungeu.
Wandgemälde der gothischeu Lpoche gehören überhaupt schou deszhalb zu deu Ausuahmen,
weil im gauzeu Nordeu die gothische Architektur, welche au die Stelle der Waudflächen
große gegliederte ^euster setzte, uur selten Gelegeuheit zur Auweuduug von Waudmalereien
 
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