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Münsterbau-Verein <Konstanz> [Hrsg.]
Das Alte Konstanz: Stadt u. Diöcese in Schrift u. Stift dargest. — 2.1882

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Heft 4
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Wandgemälde in Konstanz aus dem 14. Jahrhundert, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8575#0067
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darbot. An ihrer 5tatt begünstigte die Gothik die Glasgeinälde nnd ließ die Runst der
Wandmalerei allmälig so gut wie aussterben. Aommen daher selbst kirchliche Wandbilder
nur selten mehr in gothischer Lpoche vor, so sind Oarstellungen prosanen Inhaltes
geradezu als vereinzelts Ausnahmen zu bezeichnen. Und selbst wenn wir die zahlreichen
Aliniaturen der chandschristen mit zum vergleich hsranziehen, so bewegen auch disse sich
in höheren Lebenskrsisen und schildsrn das Aitterleben mit seinen Abenteuern und seinem
Alinnedienst. Oa ist es denn doppelt anziehend, wenn wir in den Ronstanzer Bildern
aus einen Rünstler stoßen, der uns einen Blick in das gewerbliche ^>chassen und Treiben
des Bürgerstandes gestattet, und einsn vollen Zug jener seinen Anmuth, welche sonst nur
aus den Gestalten der Aitter und ihrer Oamen uns entgegenglänzt, auch über die schlichten
Rinder des Volkes ausgießt, welche sür eineu reichen Habrikherrn des Iahrhunderts
in verschiedenartiger Thätigkeit sich bsmühen. Hreilich tritt der Ausdruck der Atühe
zurück, und wie die lieblich bewegten Gestalten die Arbeit gleichsam nur als ein heiteres
^piel zu behandeln scheinen, so ist denn auch dasür gesorgt, daß nach vollbrachtem Tage-
werk ihnen das Behagen der Ruhe und die Hreuden des Bades zu Theil werden.

Aeber den Rünstler dieser Gemälde läßt sich nur eine allgemeine vermuthung
aussprechen. T>a das Allgemeine, Tchpische in den Werken der damaligen Runst überwiegt
und das Individuelle noch kaum sich gsltend zu machen vermag, so wird man höchstens
aus eiuen Rünstler der schwäbischen !5>chule schließen dürsen. Und dabei muß nicht ver-
gessen werden, daß eine schärsere Bestimmtheit im Tharakter der einzelnen !5>chulen damals
noch nirgends hervortritt, nnd daß man nur etwa denselben Ausdruck uaivsinniger Anmuth
wie er bei den Illustratoren der Atinnesänger und andrer damaliger Oichter gerade in
den süddeutschen Gegenden angetrossen wird, in diesem Werken wiedersindet. Daß wir
es aber mit der Arbeit eines bürgerlichen Ateisters zu thun haben, dürsen wir mit ziem-
licher Wahrscheinlichkeit annehmen, da nicht bloß der Grt und die Bedeutung der Werke
dafür sprechen, sondern überhaupt die Ausübung der Runst damals schon überall in die
chände weltlicher Ateister übergegangen war.

Wir schließen diesen Aufsatz mit dem Oorbehalt, den andern Bilderc^klus später
zu behandeln und bald da bald dort als vignette oder Ropfleisten die interessanten Oetails
zu verwerthen.
 
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