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G. Loeschcke:

bestossen und das Original ist durch schwarze Flecken so sehr ent-
stellt, class die dem Lichtdruck zu Grunde liegende Photographie
vom Gipsabguss genommen werden musste.

Trotzdem wird den Alterthumsfreunden die Veröffentlichung
des unscheinbaren Kunstwerks willkommen sein. Denn, wie U.Köh-
ler zuerst erkannt hat1), ist dieser im Barbarenland gefundene Kopf,
um dessen „verlorene Schöne" wir klagen, nichts Geringeres als eine
Nachbildung vom Kopf der Athena Parthenos des Pheidias.

Dank den Funden und Forschungen der letzten Jahrzehnte2) ist
dies kolossale Goldelfenbeinbild der Athena, mit dem Pheidias 438
v. Chr. sein Lebenswerk krönte und abschloss 3), unter den verlore-
nen Meisterwerken griechischer Sculptur eines der best gekannten.

Die Gesammterscheinung der jungfräulichen Zeustochter, wie
sie in stolzer sieghafter Ruhe, eine waffengewaltige aber friedliche
Schutzgöttin ihres Volkes, dasteht, die von ihr untrennbare Sieges-
göttin auf der rechten Hand, während die linke den Rand des
Schildes fasst, in dessen Wölbung sich die Burgschlange birgt, giebt
am treusten die beistehend nach Arch. Jahrb. V, 84 wiederholte
Marmorstatuette wieder, die 1880 beim Varvakion in Athen ge-
funden worden ist.

Für die Reeonstruetion des Kopfes, namentlich des reichen
Helmschmucks, kommen ausser der Beschreibung des Pausanias
(I, 24, 5) in erster Reihe folgende Nachbildungen in Betracht:

namentlich Dachziegel, ein Fundament 1,25 m im Geviert aus Schiefer
und Trassmörtel, das Bruchstück eines Säulenstumpfes aus Kalkstein
0,20 m im Durchmesser und die Ecke einer Inschrifttafel aus demselben
Material, auf der der Rest eines E und die Buchstaben SP erhalten sind.
Die Inschrift setzt Büchel er in das 1. Jahrhundert und hält die Ergänzung
Vespasianus für wahrscheinlich. Ich giaube nicht, dass diese Angaben
dafür sprechen, dass Basis, Säule, Inschrift, Athenakopf zusammen ge-
hören und dass irgend welche Folgerung für die Benennung oder ur-
sprüngliche Aufstellung des Kopfes aus ihnen gezogen werden darf. Die
schlechte Erhaltung desselben und der Umstand, dass Nichts vom Körper
der Statue zt;m Vorschein gekommen ist, sprechen eher dafür, dass der
Kopf schon im Alterthum an diese Stelle verschleppt worden ist.

1) Arch. Jahrb. IV, 47.

2) Die wichtigste Litteratur ist bei Friederi chs-Wolters, „Gips-
abgüsse antiker Bildwerke" zu den Nummern 466—468 verzeichnet. Dazu
Arch. Jahrb. IV, 47 (Furtwängler); Arch. Jahrb. V, 79 (Puchstein).

3) Vergl. den „Anhang" zu diesem Aufsatz.
 
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