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98 H. Schaafhausen:

in den Tyrolerstämmen alle möglichen kraniologischen Deutungen,
kommt aber aus den Widersprüchen nicht heraus. Die Rhätier
sollen nun einmal keine Kelten gewesen sein. Wo aber bleiben
diese, wenn sie; wie von Holder meint, auch in Süddeutschland
nicht gewesen sind, während Herodot ihnen dort diese Wohnsitze
angewiesen hat? Warum soll es nicht auch brachycephale Kelten
gegeben haben? Tapp einer führt nach von Holder an, Poly-
bius, Plinius und Strabo hätten gesagt, die Veneter und Rhätier
seien keine Gallier gewesen. Polybius nennt die Veneter ein altes
Volk, das den Galliern in Kleidung und Sitten glich, aber eine
andere Sprache redete. Der letztere Umstand ist nie ein Beweis
einer Stammesverschiedenheit. Livius und nach ihm Plinius und
Justin hielten die Rhaeti allerdings für Etrusker. Die keltische
Abstammung des grössten Theils der Rhaeti ist aber nach Zeuss
durch die keltischen Ortsnamen bezeugt. Sie fehlen auch nicht in
dem nördlichen Theile der Schweiz und dem Lande bis zur Donau,
dem alten Vindelicien. Dass Tyrol, der Wohnsitz der Taurisker,
von Kelten beAvohnt war, ist, wie Zeuss sagt, sowohl durch die kel-
tischen Ortsnamen, als durch die schriftlichen Zeugnisse des Plinius,
HT, 20, und des Strabo, VII, 2. 3 und 5, bewiesen, der die Taurisci
einmal als Galater und wieder zweimal als ein keltisches Volk be-
zeichnet. Nicht unwichtig ist die Angabe Tappciners, dass ein
Einfluss der Höhe auf das Zustandekommen der Braehycephalie sich
in Tyrol nicht bestätigt. H. von Holder1) hat nach Untersuchung
der Schädel des römischen Begräbnissplatzes in Regensburg, die der
Zeit vom Ende des 2. bis zur Mitte des 3. Jahrh. u. Z, angehören,
eine allmähliche Einwanderung des germanischen Typus der Reihen-
gräber in die Ursprüngliche rhätosarmatische Bevölkerung beobachtet.
Er behauptet, dass sich die Schädel der Alemannen, Bayern, Fran-
ken, Burgunder, Thüringer, Friesen u. s. w. in der Mcrowingerzeit
in nichts von einander unterscheiden. Der rein turanische Typus
fehlt. Der rhätosarmatische Typus mit seinen Mischformen beträgt
41.8 °/0 der Schädel des Regensburger Begräbnissplatzes. Er war
nicht im Stande, einen römischen Schädeltypus zu erkennen, was
man doch hätte erwarten sollen. Holder würde bereit sein, den
rhätosarmatischen Typus keltisch zu nennen, unter der Bedingung,
dass man den germanischen Typus nicht ebenso bezeichnete.

1) Die Skelette des römischen Begräbnissplatzes in Regensburg,
Archiv f. Anthropol. XIII 1882. Supplem.
 
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