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DER ARCHAISCHE FRIEDHOF AM STADTBERGE VON THERA 281

man in das Opferfeuer, die Scherben der Spende- und der
Salbgefässe legt man teils in die Gräber, teils wirft man sie in
die Flammen, Waffen, Spielsteine, Schmuck, Arbeitsgerät, viel-
leicht auch Kleider —· alles wird sowohl unverbrannt mitgege-
ben als verbrannt. Eine Kreuzung der beiden Bräuche ist in
der Beigabe von Opferresten, ja im Grunde schon in der Ver-
brennung der Opfer im Grabe selbst zu sehen.
Schliesslich ist noch die Verbrennung von Abbildern wirk-
licher Dinge sowie von solchen Darstellungen, die eine beson-
dere religiöse Bedeutung hatten, zu besprechen. Bei-
spiele dafür bot nur die Opferschicht über der Kinderurne JO, 2,
welche dem sechsten Jahrhundert angehört und ausser den
Scherben von Spende- und Salbgefässen auch solche von
Räuchergefässen enthielt. Zu den Abbildern sind bereits die
Miniaturgefässe, Kannen, Schalen, Teller, Amphoriskoi zu rech-
nen : sie stellen im Kleinen das bei Spende und Opfer verwen-
dete Geschirr dar. Das Opfertier ist in einem Terracotta-
schweine, ein Salbgefäss in dem Aryballos aus Stein nachge-
bildet. Die menschlichen Protomen, die ein Kind als Spielzeug
schwerlich verstehen würde, sind im letzten Grunde eine, frei-
lich längst unverstandene Erinnerung an Menschenopfer1. End-
lich könnte die Taube ein Abbild des Vogels sein, mit dem
das Kind im Leben spielte. Denkbar wäre dies auch von den
Schildkröten, aber näher liegt die Annahme, dass sie wegen
ihrer Beziehung zur Unterwelt oder wegen ihrer allgemein se-
genbringenden Bedeutung verbrannt worden seien2. Unzweifel-
haft apotropäisch schliesslich sind die Kobolde 3.

E. Rückblick.
Es sei kurz zusammengefasst, was Beobachtung und Unter-
suchung für den theräischen Totenkultus gelehrt haben. Mit
Ausnahme kleiner Kinder, die sie in Thongefässen beisetzten,
1 Über die Darstellung der Seele als Kopf s. tVeicker Der Seelenvogel S. 31.
2 Vgl. Orsi Notizie degli scavi 1895 S.1332, Thera II S.125.
8 Thera II S. 124.
 
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