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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 37.1912

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Bieber, Margarete: Drei Attische Statuen des V. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.37285#0172
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M. BIEBER

noch an den Olympia-Skulpturen. Die einzige ganz genaue
Parallele bleibt jedoch die Figur Abb. 2. Furtwängler (Ae-
giua 342 f.) hält die Statue für eine direkte Vorstufe zum
Westgiebel von Aegina, Curtius für ein älteres Werk der-
selben Schule wie den Torso 40 auf Delos (a.a.0.16 ff. Fig. 20-
24), den er ebenfalls auf Pythagoras zurückführt. Bei beiden
Annahmen kann man den Torso von der Akropolis als Zwi-
schenglied einschieben. Kalkmann hat dargelegt, dass die
Zeichnung des Beckens mit starkem Winkel zwischen der
Leistenlinie und dem vorgewölbten Weichenwulst über dem
Darmbeinkamm, die in der antiken Kunst kanonisch war,
erst von den Aegineteu cousequent ausgebildet wurde, bei
dem Torso jedoch schon ähnlich, wenn auch noch weniger
deutlich vorhanden ist. Vollständig ausgeprägt ist sie auch
an der von Curtius dem Pythagoras zugewiesenen Gruppe
von Werken. Dagegen fehlt sie noch ganz an der Statue in
Samos Abb. 2. Der Athener Torso verhält sich zu ihr wie
die Kore des Euthydikos zu den echt ionischen Koren. Sein
Künstler übernimmt Äusserlichkeiten, erstrebt aber ein ern-
steres, kräftigeres Ideal des männlichen Körpers und schafft
Neuerungen, die auch nach dem Bruch mit der Tradition,
wie ihn der Perserschutt bezeugt, fortwirken.
Danach ist der blonde Ephebe ein von ionischer Kunst
beeinflusstes, aber echt attisches Werk aus der Zeit kurz
vor 480. Dass der Torso zum Kopf gehört, könnte man nur
dann streng beweisen, wenn der Oberkörper gefunden würde,
der beide verbindet. Vielleicht führt die Veröffentlichung
des Fragments zu der Entdeckung. Möglich wäre ja, dass er
nur von einer ähnlichen Figur stammt, zumal der Oberkopf
im Akropolismuseum Nr. 308 (Lechat 363 f. Fig. 28) ein zwei-
tes Exemplar eines Jünglings mit Zopftracht beweist. Auf
alle Fälle dürfen wir ihn verwerten, wenn wir uns eine Vor-
stellung von dem Körper des blonden Eplieben machen wol-
len, und daher bildet er einen, leider stark fragmentierten,
aber fest datierten Markstein in der Geschichte der Ent-
wickelung des männlichen Körperideals.
 
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