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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 46.1921

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Müller, Valentin Kurt: Gewandschemata der archaischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.29496#0068
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Valentin Müller

in der phönikischen Kunst ist es weniger ihre Aufgabe, ihre Rolle in
dem Aufbau der Figur zu spielen, als in ihrer Eigenschaft von Linien
sich in das feine Liniengespinst, das dekorativ die Silberschalen überzieht,
einzufügen.

§ 14. In fortschreitender Deduktion komme ich zu einer weiteren
Differenzierung. Da die Schemata im Dienste der Darstellung der Figur
stehen, also ihr Liniengefüge die Hauptsache ist, können sie auf ver-
schiedene Art in Erscheinung gesetzt werden: durch aufgelegte Bänder,
aufgenähte Schnüre, eingewebte Borten, Falten, ja auch allein durch die
Linie, die etwa der Mantelrand bildet, und ebenso durch Raffung mit
der Hand, die die gewünschte Linie ebensogut herstellt.

Die äußerlichste bieten die losen Schnüre der Hethiter (Abb. 2) und
die hängenden Bänder der Kyprier § 8; etwas fester mit dem Gewand
verbunden sind die aufgenähten Schnüre der hethitischen Statuette
Abb. 1. Ein integrierender Teil sind dagegen die eingewebten Borten,
die sich nur durch ihre verschiedene Färbung, also rein optisch, aus der
Fläche herausheben; diese selbst dagegen gerät in Bewegung bei der
Darstellung von Falten. Der Künstler durchbricht die Fläche und be-
ginnt in die Tiefe zu gehen; wenn irn Anfang die Falten auch noch ganz
flach sind (Taf. V, 2), so liegt doch ein Sprung in der Entwicklung vor.

Diesen Sprung hat die hethitische Kunst vollzogen, wohl unter An-
leitung der ägyptischen Faltendarstellung (§ 1); erleichtert wurde es ihr
dadurch, daß die vielleicht von Mesopotamien übernommenen Schnüre
(§ 1) schon eine Dreidimensionalität besitzen. Dabei ist festzustellen,
daß die Reliefs in Sendschirli aus dem VIII. Jhrh. (z. B. Ausgrabungen
Taf. LXff.) flacher gehalten sind als die des II. Jahrtausends von Jazyly-
kaja; es ist nicht die primitive Flächigkeit der älteren (Taf. XXXVI ff.),
sondern eine absichtsvolle spiegelartige Plattheit, wie sie zu gleicher Zeit
auch in Assyrien herrscht; man sehe die Eunuchenreliefs Sargonsund San-
heribs (v. Bissing, Beitr. z. Gesch. d. ass. Skulpt. Taf. IV No. 3 u. V No. 3;
auch K. i. B. 59 No. 1) oder vergleiche die von v. Luschan um 800 an-
gesetzte Statue des Panammu aus Sendschirli (a. a. 0. 54, 66 Abb. 16)
mit der Salmanassars III. (782—772; Andrae, Festungswerke von Assur
Abb. 34; Meißner, a. a. O. Abb. 171), die beide jedes in die Tiefegehen
von der Oberfläche in den Stein hinein vermeiden.

Die griechische Kunst übernimmt beides, Borten und Falten; sie
 
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