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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 49.1924

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Dörpfeld, Wilhelm: Das Theater von Priene und die griechische Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.29493#0083
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WILHELM DÖRPFELD

auf eine erhöhte Bühne übergegangen sei.’ Das ist unrichtig,
denn auch ich nehme einen solchen Übergang an, aber erst
in römischer Zeit. Er hätte den Zusatz machen müssen: ‘in
griechischer Zeit’. Die Unrichtigkeit zeigt sich besonders, wenn
er fortfährt: ‘Wenn man aber das Theater des V. Jhs. etwa mit
dem spätrömischen vergleicht, so ergibt sich ohne weiteres die
Tatsache, daß der Vorgang einmal stattgefunden haben muß,
und auch Dörpfelds Entwicklungstheorie enthält ihn in ver-
schleierter Form.’ Gegen eine solche Darstellung meiner An-
sicht muß ich protestieren. Ich habe niemals geleugnet, daß
in römischer Zeit auch in Griechenland gewöhnlich auf Bühnen
gespielt worden ist, und daß in den meisten Theatern Griechen-
lands und Kleinasiens der Übergang vom Orchestraspiel zum
Bühnenspiel tatsächlich stattgefunden hat. Geleugnet habe ich
nur und tue es noch jetzt, daß diese wesentliche Änderung
des Theaterspiels schon in griechischer oder hellenistischer Zeit
stattgefunden habe. Auf den sonnenklaren Unterschied zwischen
dem Theater des V. Jhs. und dem der spätrömischen Zeit brauchte
mich der Verfasser wahrlich nicht erst hinzuweisen. Und wenn
er weiter von einer verschleierten Form spricht, in der ich die
Änderung zugeben soll, so muß da ein Mißverständnis vor-
liegen, das ich aufzuklären versuchen will.

Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß in einigen
griechischen Theatern der Umbau zu einem römischen Bühnen-
theater nicht vorliegt oder wenigstens nicht mehr zu erkennen
ist. Dazu gehören z. B. die Theater von Epidauros, Delos,
Eretria. Bei den meisten Theatern Griechenlands und Klein-
asiens liegt der Umbau dagegen ganz klar zu Tage: oft ist eine
niedrige römische Bühne gebaut worden, wie sie von Vitruv
für sein theatrum latinum vorgeschrieben wird, oft (und zwar
namentlich in Kleinasien) eine hohe Bühne, wie Vitruv sie als
Eigentümlichkeit seines theatrum Graecorum schildert. Prak-
tisch und auch theoretisch konnte dieser Umbau in verschiedener
Weise vor sich gehen: entweder dadurch, daß eine niedrige
Bühne in einem Teile der alten kreisrunden Orchestra erbaut
wurde und so die Schauspieler auf ein Podium gehoben wurden.
Dieser Vorgang liegt z. B. im Dionysos-Theater von Athen in
der Bühne des Phaidros klar vor unsern Augen. Oder der
 
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