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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 50.1925

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Dörpfeld, Wilhelm: Die altgriechische Kunst und Homer
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https://doi.org/10.11588/diglit.29494#0093
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DIE ALTGRIECHISCHE KUNST UND HOMER

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kann ich mich nicht weiter verteidigen, weil ich nicht weiß,
welche Fälle er meint.

Nach diesen Darlegungen über die verschiedenen Richtungen
der altgriechischen Kunst und nach Zurückweisung der beiden
allgemeinen Vorwiirfe Watzingers wende ich mich zu den Einzel-
heiten seines Aufsatzes:

Watzinger gibt zunächst (S. 2) eine Übersicht iiber meine
Ansicht von der Entwicklung der friihgriechischen Kunst und
stellt ihr das Bild gegeniiber, das er sich selbst von dem Verlauf
dieser Entwicklung nach den Untersuchungen von Furtwängler,
Evans und anderen macht. Die Wiedergabe meiner Ansicht
ist zwar in einigen Punkten nicht ganz richtig, doch kann ich
hier nach meinen obigen Darlegungen auf ein näheres Eingehen
verzichten. Richtig ist besonders seine Mitteilung, daß ich gegen
die von Evans aufgestellte und von ihm selbst immer wieder
betonte ‘innere Einheit’ der kretischen oder minoischen Kunst
‘Sturm laufe’. Ich halte in der Tat die von den meisten
Archäologen angenommene Lehre von Arthur Evans, daß die
mykenische oder spätminoische Kunst sich in Kreta selbst aus
der älteren Kamares-Kunst, die mittelminoisch genannt wird,
entwickelt habe, für einen schweren und verhängnisvollen Irrtum,
über den hier einiges gesagt werden muß. Ich leugne die Einheit
der kretischen Kunst und damit auch die Berechtigung, ihre
verschiedenen Perioden einheitlich als minoisch zu bezeichnen.

In den älteren Palästen Kretas herrschte urspriinglich nur
die geometrische Kamares-Ware, auf der Menschen und Tiere
nur ganz vereinzelt und in primitiver geometrischer Gestalt,
ähnlich wie auf Dipylon-Vasen, dargestellt sind (s. Kurt Miiller,
Arch. Jahrb. XXX 1915, 281). Die Formen, die Technik, die
Farben und die Muster der ‘mittelminoischen’ Gefäße sind
vollkommen verschieden von den entsprechenden Elementen
der naturalistischen ‘spätminoischen’ oder mykenischen Vasen.
E. Reisinger (Kret. Vasenmalerei, S. 15) spricht daher mit vollem
Recht von einem ‘ungeheuren Umschwung des Stiles der kre-
tischen Kunst’, der um die Mitte des II. Jahrtausends erfolgt sei.
Diesen totalen Umschwung sollen nach Evans und Watzinger
die einheimischen Töpfer Kretas selbst hervorgebracht haben!
Jahrhunderte lang hatten sie ihre zwar technisch vollkommenen,
 
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