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Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 3.1825

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Böttiger, Carl August: Ueber die sogenannten Karyatiden am Pandroseum und über den Mißbrauch dieser Benennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9753#0202

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*47

Daß man spater diese orchestischen Gruppen auf die drei-
fache Artemis bezog und Hekate nannte, leidet keinen Zwei-
fel. Die pantheistische Anhäufung von furchtbaren Attri-
buten trat hinzu, und so floß das Bild der dreiköpfigen
Hekate mit dem dreiköpfigen Cerberus zu einer Zauberfigur
der Unterwelt zusammen. Aber wer nur einen Blick auf die
aus Fauvels und Peiresk's Papieren von Montfaucon mitge-
theilten sogenannten Hekatenbilder thut, wird bald bemer-
ken, daß hier ursprünglich nur von drei einander ähnlichen
Jungfrauen die Rede seyn kann. Und warum sollten diese
nicht zum Chor der Diana gehören? Wie leicht war von
dieser Vorstellung die Verbindung mit einer zweiten, wo man
die drei an eine Säule gelehnten Mädchengestalten mit ver-
schlungenen Händen bildete, und nun als die drei Grazien
begrüßte? So erscheinen sie nns wirklich in einem alten
Votiv - Denkmale, welches Montfaucon aus den Papieren
des Boissard mittheilt, wo die griechische Inschrift den Sinn
ganz unzweideutig ausspricht. *5) Und so wie die Chari-
tinnen hier bekleidet und nach außen gekehrt sich darstellen,
so stehen sie in einer oft bewunderten und in Pariser Zier-
bronzen nachgebildeten Gruppe aus den Kunstschätzen der
Borghesischen Villa, jetzt im königlichen Museum in Paris,
ganz entkleidet mit den Rücken nach außen gekehrt an einer
Säule, zu deren vasenartig hervortretenden Rand sie alle
drei beide Arme hoch emporheben, als wollten sie diesen
ringsum mit Tüchern oder ihren eigenen Gewändern drapir
ren. * l6 17) Sollten nicht alle diese dem schlanken weiblichen
Körper so vortheilhaften Stellungen und Gruppirungen aus
weiblichen Tänzen entsprungen seyn, und wäre wohl unsere
Vermurhung, daß die Tänze der Karyatiden hierbei zum
Muster gedient haben könnten, so unstatthaft? Und wer sagt
uns, ob nicht die vom Praxiteles gebildeten Karyatiden *?)

rZ) Montfaucon T. I. P. I. pl. CIX. p. 176.

16) Lamberti Sculture della Villa Borghese Stanzalll, n, 6

17) Plinius XXXVI. IV. 5>
 
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