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Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 3.1825

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VII
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Sillig, Julius: Beiträge zu einer kritischen Geschichte der griechischen Künstler: mit besonderer Berücksichtigung der in der Königlichen Bibliothek in Paris befindlichen Handschriften der Naturgeschichte des Plinius
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https://doi.org/10.11588/diglit.9753#0355

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picturam natura eum provocavit. Eine genügende Er-
klärung , wie eine von beiden Lesarten in die andre über-
gegangen sei, dürfte so leicht nicht aufgestellt werden kön-
nen, und keine kann man einer absichtlichen Interpolation
schuld geben, zumal da die gewöhnliche Lesart sich in allen
übrigen Handschriften rein erhalten hat. Es ist dieß ein
Collisionsfall, wie er allerdings nicht oft da ist, und ich
gestehe, daß ich eben deswegen die Meinung, die ich darüber
hege, nur schüchtern und aus keinem andern Grunde äußere,
als um Ihre Meinung darüber zu vernehmen. Ich glaube,
daß beide Sätze vom Plinius geschrieben und ächt sein könn-
ren, und daß der eine den andern durch die Aehnlichkeit
Der Worte vtrdrängt hat. Wir würden dann die Stelle
ungefähr so zu lesen haben: Pinxit et heroa nudum,

eaque pictura naturam ipsam provocavit; pinxit et
Hero et Leandrum, ad quam picturam natura eum
provocavit. Der Gegensatz, daß in dem einen Gemälde
Die Natur den Künstler, in dem andern der Künstler die
Natur zum Malen auffordert, ist gewiß von sehr guter Wir-
kung , und die Wiederholung des pinxit kann einem mit
dem Styl des Plinius bekannten Leser nicht auffallend sein.
Auf eben diese Art wird einige Seiten früher pinxit bei
Gelegenheit des Parrhasius wiederholt, fecit aber steht in der
so eben behandelten Stelle vom Canon des Polyklet dreimal
hintereinander. Den Sinn der Worte, ad quampicturam
natura eum provocavit, erkläre ich mir etwa so: Apelles
erblickte einst am Meeresstrande den von den Wellen ans
Land gespülten Leichnam eines Jünglings, neben ihm die
trostlose, verzweifelnde Geliebte. Die schöne Sage von
Hero und Leander, die bereits Virgil (Georg. III. 259.)
als bekannt erwähnt (vergl. Heinrich Prooemium in
Musaei carmen p. XLII. sqq.) und die, um mit unserm
so vorsichtigen Paßow zu sprechen, „den unverkenn-
baren Stempel des Alterthums trägt," (Ein-
leitung zu s. Ausgabe S. 103.) brachte den gelehrten und
geistvollen Apelles auf den Gedanken, jene rührende Gruppe
darzustellen, der dann die geschichtliche Beziehung leicht
 
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