Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0016
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 14 —

sich die einzelnen Bestandteile seines Werkes hierher und dorther zu-
sammenholte, und man will nur die Hauptgruppe: Prometheus, Zeus
und Athena mit Nike, für eine originale ältere Erfindung in Anlehnung
an den Ostgiebel des Parthenon gelten lassen. Als Hauptgrund giebt
man die »allegorisierenden« Attribute der Moiren an. Hiergegen
wendet Hauser (a. a. O. p. 68), wie ich glaube, mit Recht, ein: »Was
die Attribute der Parzen betrifft, so ist es ja richtig, dass dieselben
bis jetzt erst auf römischen Denkmälern nachzuweisen sind; damit ist
aber noch nicht gesagt, dass die römischen Sarkophage in diesem
Punkt nicht auf ältere Vorbilder zurückgehen. T)ie Kleromantik ist
keine römische Erfindung1); die Darstellung des Orakelspruchs unter
der Form einer Schriftrolle werde ich in anderem Zusammenhang
für ältere griechische Werke erweisen; die Moire als Spinnerin ist
aber bereits eine homerische Vorstellung.« Dass die Moiren als Zeugen
einer Göttergeburt unbedenklich griechischen Vorstellungen entsprechen,
bedarf jetzt nach Hausers Bemerkungen a. a. O. und Furtwänglers
neuesten Ausführungen über den Ostgiebel des Parthenon2) keines
weiteren Beweises.

Mit dem folgenden Satz bei Hauser, dass die Gestalten an sich
durchaus in die Zeit des Phidias passen, kann ich mich allerdings
nicht einverstanden erklären; vielmehr scheinen mir dieselben ganz
entschieden die Züge desselben Stiles zu tragen, den ich auch in
den Figuren der Hauptgruppe erkenne, d. h. des Stiles aus der
ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts. Denn, mag auch die Com-
position dieser Hauptgruppe sich im allgemeinen an die des
Parthenongiebels halten, so gehören doch alle einzelnen Züge dem
vierten Jahrhundert an: das dichte, wallende Haupthaar des Zeus, die
weniger königliche als natürliche Haltung seiner Füsse, der Wurf des
Gewandes — man vergleiche den Zipfel auf dem Schosse mit dem
entsprechenden Stücke bei der sitzenden Muse unserer Reliefs — die
complizierte Bewegung und die Formen des Prometheus, sein unruhig
flatterndes Gewand, die ganze Athenafigur, welche lediglich eine Um-
kehrung der vorwärts eilenden Athena aus dem Capitol ist (Heibig,
Führer I, no. 497), einer Erfindung aus dem ersten Viertel des vierten
Jahrhunderts. So betrachte man ferner den Kopf der Klotho, welcher in

') In Delphi hat in alter Zeit ein Losorakel unter dem Schutze des Apollon bestanden;
Rhode, Psyche, p. 345. Vgl. auch I'lato, Kep. X, p. 617 c.
*) Meisterwerke, p. 246.
 
Annotationen