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Amira, Karl von
Die Grosse Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm — München, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.14771#0008
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220

Karl v. Amira

Die Zeichnung beschränkt sich meist auf die Umrisse.
Den Erdboden lässt sie grundsätzlich unangedeutet. Auf Ein-
zelnheiten an den Figuren wie das Gefälte der Gewänder, Zier-
raten der Kronen geht sie nur mit Zurückhaltung ein. Doch
vergisst sie nie das Geflecht der Kettenpanzer durch jene kurzen
Striche zu charakterisieren, die auch sonst in der Malerei des
13. und 14. Jahrhunderts diesem Zweck zu dienen pflegten.
Was Kugler an den figuralen Partien von H hervorhob, der
derbe Zug, die kurzen, schweren Verhältnisse, der Mangel
feineren Lebensgefühls, das alles trifft auch bei M zu. Dort
wie hier auch die gleiche schematisch steife Seitenansicht der
Rosse, die in der Regel vorspringende Schädel, gerade Nasen,
zurückliegende Augen, dicke Beine mit heraldisch zugespitzten
Gelenkknochen haben und selbst im Kampfgetümmel im Trab
oder gar nur im Schritt gehen, sowie der Reiter, die kerzen-
gerad sitzen bleiben, auch wenn sie zum wuchtigsten Hieb
ausholen, und denen fast immer der Steigbügel fehlt, in den
sie die weit vorgestreckten Beine stemmen könnten. Dort wie
hier die stereotypen Gewandmotive an den Schössen der Waffen-
röcke, die mit einer vorderen und einer hinteren Falte an den
Seiten des Pferdes herabhängen, die gleiche Bildung der breiten
menschlichen Gesichter mit überragenden Stirnen, starken und
meist steilen Nasen, grossen und weitaufgerissenen Augen
unter normal wagrechten Brauen. Dort wie hier die fast gänz-
liche Gleichgültigkeit des Zeichners gegen das Minenspiel,
das sich höchstens im veränderten Zug eben jener Augen-
brauen kundgibt.

Die Farben, deren sich die Illumination bedient, sind,
soweit bei dem schlimmen Zustand von M noch erkennbar,
Mennige, Zinnober, Krapprosa, Smalte, Okergelb, Permanent-
grün, Schwarz, Gold. Gewöhnlich sind sie flächig und stark
deckend aufgetragen. Der Hintergrund bleibt stets weiss. Aus
den weissen Gesichtern sind Lippen, Wangen und Stirnen,
öfters auch die Nasenbeine mittels leichter mennigroter Tupfen
und Linien hervorgehoben. Die Haare wurden gelb angetuscht.
Modellierung kommt nur bei den Eisen feilen der Rüstungen
 
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