Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wolfram <von Eschenbach>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Bruchstücke der großen Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm: farbiges Faksimile in zwanzig Tafeln nebst Einleitung — München, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14782#0018
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
19

20

gaßen mirs vor süncfe min, daz icß dicß tcete fißefos. —

Nr. 2. In Nr. 2 folgt Kyburgs Erwiderung <Abschnitt 218 v. 1 ff.>:
ei vater. . . daz du micß scßeiden wift von cfeme, der
vroun Even gap diu scßeme, daz si afrest verdacte
ir ßrust... Mit der rechten Hand zeigt sie auf das Antlitz
Gottes im Kreuznimbus Cdeme, der), mit der linken auf
die Gestalt der Eva, die mit dem traditionellen Quast ihre

Nr. 3. Scham und mit einer Hand ihre Brust bedeckt. Nr. 3 bringt
die zweite Hälfte von Ky burgs Gegenrede <v. 15 —30>:
Eve af eine scßufdec wart, dar um diu ßeffecficßen
vart Adames gesfecßte vuor iedocß... — Auf diese hölli«
sehe Fahrt zeigt sie mit der linken Hand — wer was, der

si foste dan____daz tet diu trinitat; der sieß einen

sefße dritten ßat eßengefieß unde eßenßer.. . nu
wirp um sine ßufde. Damit zeigt ihre rechte Hand auf die
Dreieinigkeit Gottes, die als Vereinigung von drei, mit An-
spielung auf die Textworte, ganz gleichen, bärtigen Köpfen
des Christustypus <vgl. oben die Anmerkung zu Taf. VII
Nr. 2> in einer lichtgrünen Kreisfläche erscheint. Einen dieser
Köpfe, der über den beiden andern steht, umgibt ein be-
sonderer Kreuznimbus. Vielleicht soll er so wie die gleichen
Köpfe in Nr. 2 und auf Taf. VII Nr. 2 und Taf. IX Nr. 1
Gott Vater verbildlichen. Verwandte Darstellungen der
Dreieinigkeit finden sich bei Didron a. a. O. 565, 446, 456,
508 (drei Männer vom Christustypus 12., 14., 16. Jahrh.),
483 <drei Personen in gemeinschaftlichem Strahlennimbus,
doch der hl. Geist als Kind), Hortus deliciarum heraus«
gegeben von Straub und Keller pl. III. Nach Ausfall eines
Blattes, auf dem das Gespräch seinen Fortgang nahm
(Abschnitt 218 v. 22?-220 v. 23>, folgt
Taf. IX. M 4 a. Der Text reicht hier von Abschnitt 220 v. 24
bis 221 v. 25. Die Figuren von Kyburg und Terramer
bleiben im Wesentlichen die gleichen wie auf M 3 a, b eine
Einförmigkeit der Komposition, die der Künstler zweifeU
los um der Eindeutigkeit willen beabsichtigte. Das brachte

Nr. 1. die Zeichenhaftigkeit seines Vorhabens mit sich. In Nr. 1
erinnert Kyburg zunächst daran, wie sie Willehal m aus der
Gefangenschaft befreit habe: vonpoyen(=Fesseln)unde
von andrem versmiden{=geschmiedeten Banden inAb-
schnitt 294 v. 14 ßoien und ander sin isernßant} maeßete
icß in fedieß in äffen fiden. — Deßhalb deutet sie mit der
linken Hand abwärts auf das Schließeisen, in das Willehalm
geschmiedet gewesen, und auf den Schild mit dem Gold«
stern im blauen Feld, der seinen Träger vertritt, vielleicht
weil man diesen nach v. 7 under seßiftfießem daeße
dienen sah. Links von der Burgmauer und vom Schilde
sieht man noch undeutliche Spuren von ein paar Gegen-
ständen, die sich der Erklärung entziehen. Gleichzeitig aber
weist Kyburg mit dem rechten Zeigefinger wieder auf das
Antlitz Gottes: icß diene im unde der ßoßesten ßant. —

Nr. 2. In Nr. 2 (Abschnitt 221) will sie zwar ihrem ersten Gatten
Tybalt das ihr zur Heimsteuer gegebene Land Todjerne
überlassen: Ifyßafde icß Todierne faze, da du micß ßron*
des. Sie zeigt daher auf die zwischen ihr und Terramer
schwebende Krone. Sie mahnt aber ihren Vater an seine

Nr. 3. Treue in Bezug hierauf und schließt in Nr. 3 mit den
Worten: du verwirkest an mir af din ßeif, wen maeßtu

Todierne min erße teif Tyßafde unde Ecßmereize
(ihrem Sohn erster Ehe) geßen. Das „Erbteil" ist am Fuß
des Burgberges symbolisiert in Gestalt der grünen Fläche
eines Ovals, worin ein Turm über Mauerzinnen sich erhebt.
Einer analogen Symbolik bedienen sich die Zeichner der
Sachsenspiegel-Bilder, wenn sie den Begriff eines Lehens«
gutes durch einen Ährenbüschel, der von einem Kreis oder
einer Ellipse umschlossen ist, ausdrücken. Beispiele 1 aus

1 2 3

der Heidelberger, 2 und 3 aus der Dresdener Handschrift.
Vgl. ferner Teutsche Denkmäler Taf. II 7, 8, 10,111 1,IV4,
V 4 und meine Einleitung zur Dresdener Bilderhs. S. 23.

M 4b schließt in Nr. 1 die Erzählung von Abschnitt 221 Taf. X.
ab: Tyßaft ßin zu der wide Araßefn dieße (= oftmals) Nr- L
drowete, Ecßmereiz in dar umße stowete (— schalt
ihn darum). Da Kyburg nicht mehr redet, erscheint nur ihre
Büste in einem Fenster von Gloriete. Unten sind Tybalt
und sein Sohn Ehmereiz herangeritten, jener in grünem,
dieser in rotem Waffenrock. Als König von Todierne trägt
auch Ehmereiz eine Krone um den Spitzhelm. Tybalt hält
der verlorenen Gattin einen Strang (die „Wide") hin, wo-
mit er sie zu erhängen droht. Ehmereiz schilt ihn, indem
er ihn mit der rechten Hand am linken Handgelenk packt.
(„Scheltegestus", siehe die angeführte Abhandlung über die
Handgebärden 249 f.) Der Gestus seiner eigenen linken
Hand ist ohne weiteres als Befehls-(Warnungs-) Gebärde
verständlich. Mit Nr. 2 beginnen, wie die Initiale T anzeigt,
die Bilder zu Abschnitt 222. Nr. 2 und 3 greifen ineinander. Nr. 2,3.
Beidemal ist wie in Nr. 1 Kyburg unbeweglich im Fenster
über den Mauerzinnen sichtbar. Damit ist ihre Ausdauer
charakterisiert, welche v. 4—11 beschreiben: mit arßeit ßete
se vor gezoget (= ausgeharrt), unz esdazßer dureß not
ßedroz{= lästig dünkte),- der smac von toten was da
groz unde sus <== sonst) von manegen asen. Das „Heer"
repräsentieren drei am Fuß der Burg stehende Bewaffnete
in Nr. 2, während die Toten erst in Nr. 3 in derselben
Weise vorkommen, die wir aus Taf. I Nr. 2, II Nr. 2 kennen.
Nun wieder zurück zu Nr. 2, wo in der linken Hälfte eine
mit einem Stein geladene Wurfmaschine steht. Von der
Mauer hat sie schon ein paar Zinnen h erabgebrochen.
Denn nu ßet oueß vif der masen Oransgy diu
veste entfangen mit worfen von den mangen unde
von den tripoeßen. Über die hier genannten Schleuder-
maschinen — die mange und den trißoe — siehe A. Schultz,
Das höfische Leben2 II 375-380, 396-400, San Marte,
Zur Waffenkunde des älteren deutschen Mittelalters (1867)
275 f., 277 und Du Cange, Glossarium s.w. Manganum2,
Trebuchetum. In Nr. 3 endlich empfängt der in seinem Zelt
sitzende Terramer seinen Kriegsrat, de wisen ßers rat"
geßen, die ihm einen zeitweiligen Rückzug — eyne wife de
danßere — empfehlen. Zwei Banner im Hintergrund deuten
 
Annotationen