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Eike <von Repgow>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (Band 2) — Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.22099#0227
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in D grün, d. h. belaubt ist, was ungefähr dem blumigen Kranz von
O entspricht. Vgl. oben S. 204f. Wie in 9a 4 überreicht den Kranz
ein Mann einer Frau, womit uns angedeutet wird, daß es sich um
eine Morgengabe handelt. Während aber D es hiebei bewenden
läßt, veranschaulicht O den im Text ausgesprochenen Rechtssatz:
die Frau, die mit der einen Hand die Morgengabe genommen, „be-
hält" sie mit der andern uf den heiligen, indem sie den vor ihr
stehenden Reliquienkasten berührt. Da dieses vor sitzendem Ge-
richt geschieht (vgl. oben S. 105), so verbindet der Künstler von X
die Illustration zu Ldr. I 21 § 1 gleich mit der zu Ldr. I 20 § 9. Der
Mann gibt seiner Frau ein „Eigen", d. h. ein Grundstück, indem Leil^zucht-

° " ° ' bestellung im

er auf die zu seinen Füßen wachsenden Ähren (Halme) deutet Grafengericht
(unklar in 0). S. Rd. I Einleitg. 23. Die Frau nimmt das Eigen an,
indem auch sie mit ihrer 1. Hand darauf deutet (in D), d.h. seine
Annahme erklärt. Die Vergabung muß im Gericht unter Königs-
bann vor sich gehen. Daher sitzt in O neben dem Grafen dessen
Schultheiß, gemäß Ldr. I 59 § 2, III 61 § 1, steht f erner der Fronbote
dabei, gemäß III 61 § 1. Die drei Männer hinter der Frau sind die
Erben des Gebers, die der Gabe zustimmen. O zeichnet sie kleiner
als die übrigen Personen, weil sie nach dem Text im gegenwärtigen
Falle minderjährig sein dürfen. Die Verzichtsgebärde des einen
(Fig. 3 linke Hand) in D drückt die Zustimmung aus. Die hinwei-
senden Gebärden der drei gelten in O teils dem Objekt der Leib-
zucht, teils der sich vor ihnen abspielenden Szene (Vergabung),
dagegen in D teils dieser, teils der vorausgehenden (Nr. 4), wo
aber nur eine Morgengabe, keine Leibzuchtbestellung dargestellt
ist1). Der Zeichner von D scheint einen Zeigegestus in semer Vorlage
mißverstanden zu haben, wie er auch die Kleinheit der drei Figuren
nicht verstand2). Für die Befehlsgebärde der r. Hand beim Grafen
und beim Schultheißen in O läßt sich bei ihrer Vieldeutigkeit

) In Handgeb. 214 hielt ich diese Handbewegungen für den Ausdruck der Zustimmung.
Das könnte jedoch besten Falls nur mittelbar gerechtfertigt werden.

s) Zu seiner Zeit verstand man in Meissen auch den entsprechenden Satz des Ssp.
nicht mehr, Meissener Rb. 113 dist. 3, Kraut, Vormundsch. II 24.

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