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Ammers-Küller, Jo
Frauenkreuzzug — Bremen, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.42902#0289
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„Hatte sie Geld bei sich ?“ fragte er untersuchend. „Genug,
um die Reise nach Holland zu bezahlen, oder um dort in ein
Hotel zu gehen?“
Der Kopf unter dem kärglichen Kapotthütchen verneinte
durch zögerndes Schütteln.
„Wieviel hast du ihr jeden Monat geschickt?“
„Ein Pfund.“
„Du lieber Himmel, und heute ist der Vierundzwan-
zigste.“
„Sie brauchte ja doch so gut wie gar kein Geld,“ ent-
schuldigte sich Fräulein Clara mit plötzlicher Gereiztheit —
als ob es in diesem Augenblick darauf angekommen wäre.
„Joyce hat leider die Neigung zu unnützen Geldausgaben
von ihrer Mutter geerbt... und die wollte ich bei ihr be-
kämpfen . . . ich hielt es für genug —“
„Ohne Geld in der Riesenstadt — ein Kind von neunzehn
Jahren! Das bringt auch nur ihr Frauen fertig mit eurer un-
sinnigen Sparwut!“
„Aber Gerrit, mäßige dich!“ Flora wurde tiefrot vor Em-
pörung.
Doch ihre zornige Zurechtweisung beschäftigte ihn nicht;
er ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab. Auf
seinen Geschäftsreisen kürzte er sich im Zuge gern die Zeit
durch die Lektüre von Detektivgeschichten ... denen ent-
stiegen jetzt die wildesten Phantasien in seinem Hirn.
„Hat sie Bekannte dort? Irgendeine Freundin, bei der sie
unterkommen könnte ?“
„In ihrem Brief gab sie eine Adresse an!“ Mit zittriger Hand
griff Fräulein Clara nach dem zerknitterten Blatt, wobei sie
sich die Brille schief auf die Nase setzte. „Wo stand es
gleich... da sollte ich mich nach ihr erkundigen, und man
würde mir mitteilen, wie lange sie im Gefängnis bliebe...“

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