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Andreae, Bernard
Motivgeschichtliche Untersuchungen zu den römischen Schlachtsarkophagen — Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.14579#0027

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Wie die Verkürzung der Pferde ist auch dieses Motiv des zurückgeworfenen
Pferdekopfes in der Reliefkunst griechischer Zeit ein gattungsfremdes Element.
Wir können hier eine Bemerkung W. Pinders55 zu dem gestürzten Pferd des
Alexandermosaiks zur Erläuterung dieses öaoiverhaltes heranziehen: „Indessen
pflegt die plastische Überlieferung [es handelt sich um Repliken des Typs der
Amazone Patrizi, s. Bielefeld, Amazonomachia Liste c] den Kopf des Pferdes
im Profil zu geben. Begreiflich: eine reliefplastische Auffassung, wie sie zuletzt
auch in der Freifigur der Amazone Patrizi steckt, neigt, zumal in der Antike,
zur Parallelschichtung der Formen. Dagegen ist es für eine Malerei, deren Ziel
gerade die interessante Projektion von tiefenräumlichen Formen in die Fläche
ist, von besonderem Reiz, den Kopf des Pferdes gegen uns herumzubringen. Das
ist ein malerischer Gedanke, im Relief sachlich nicht unmöglich, doch ästhetisch
nicht naheliegend, im Gemälde weit eher zu erwarten."

Daß er im Relief nicht unmöglich ist, geht daraus hervor, daß bei der Darstel-
lung von Gespannen meist eines oder mehr Pferde den Kopf zurückwerfen. Hier
wird das Prinzip der Parallelschichtung der Formen zugunsten einer Variation
und Vermeidung von Eintönigkeit durchbrochen. Die Darstellung des Motivs
als solche machte also gar keine Schwierigkeit. Die Reliefvorstellung aber
wandte sich dagegen. Die Malerei griff diese Möglichkeit eifrig auf. Wir konnten
das Motiv bereits auf apulischen Vasen beobachten (s. o. S. 24).

Allerdings ist es hier anders aufgefaßt als auf dem Julierdenkmal. Es dient
nicht dem Effekt, in einer sperrigen Bewegung die Heftigkeit des Gefühls, die
Abruptheit des Gedankens auszudrücken. In der späteren Zeit soll dargestellt
werden, wie das Pferd im stärksten Galopp zurückgerissen wird, wie es, sich
aufbäumend, einen Moment innehält. Die rasende Bewegung ist in einem Augen-
blick dargestellt, wo sie plötdich aufs heftigste gehemmt wird. In der nächsten
Sekunde wird das Pferd wieder nach vorne schnellen. Diese Auffassung des
Motivs könnte wegen des „Tj^a^itus", wegen der „außerordentlichen Zuspitzung
des dargestellten Vorgangs", wegen der „bildhaft grellen Erhellung des Augen-
blicks"56 in der hochhellenistischen Kunst beheimatet sein. Sie findet sich auch
schon auf dem Friesstück in Budapest57, das in die ersten Jahrzehnte des 2. Jahr-
hunderts gehört. Der mittlere Reiter reißt sein Pferd in der bezeichneten Weise
zurück, um dem an ihm vorbeireitenden Gegner noch einen Schlag versetzen zu
können. Wenn wir hier eins von den wenigen Beispielen des Motivs auf einem
Relief anführen müssen, so darf das nicht zu der Annahme verleiten, das Motiv
sei in der Malerei nicht dargestellt gewesen. Denn gerade bei der Gruppe des
Reliefs aus Lecce werden wir noch einen Einfluß der Malerei feststellen können.
Wir werden also bei der Untersuchung der Elemente, aus denen der Reiter vom
Juliergrabmal aufgebaut ist, wieder vor das gleiche Problem geführt:

Mit einem Male treten im Relief in Fülle Motive auf, die mit der Form des
griechischen Reliefs in Widerstreit stehen, die aber, in der Malerei allmählich
entwickelt, dort schon viel früher schöne Möglichkeiten boten. Zwar fanden sich
bisweilen Ansähe zur Verwendung des einen oder anderen auch im Relief.
Durch den Hinweis darauf ist aber die Konsequenz, mit der sie auf den Julier-
rtliefs erscheinen, nicht erklärt. Die Julierreliefs scheinen nicht mehr in der
Tradition des Reliefs zu stehen.

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