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Andreae, Bernard
Studien zur römischen Grabkunst — Heidelberg, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.15193#0115
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io8

Die Mitte der Decke nimmt ein Kreis mit breitem Rahmen ein, um den sich ein
Zwölfeck mit nach innen geknickten schrägen Seiten legt. Zu den vier Seiten dieses
Zwölfecks, die den Seiten des Grundquadrates parallel laufen, führen von den Halb-
kreisen über den Mitten der Seiten breite Bänder, die mit einer Rosette geschmückt
sind.

In diesem verwickelten geometrischen Liniensystem findet sich eine an den ent-
sprechenden Stellen immer wiederkehrende Linie, die auf den ersten Blick weder eine
konstruktive noch eine dekorative Bedeutung zu haben scheint. Es ist das Stück eines
Kreisbogens, das auf beiden Seiten der Halbkreise über den Mitten der Seiten des
Grundquadrats zu den in den Ecken diagonal ansitzenden Feldern verläuft. Fink55
hat bereits darauf hingewiesen, daß „Bartoli diese gekurvten Randstreifen, die im
Original immer nur innen kurven, in Parallelführung gibt, so daß Zwickel zum näch-
sten Band hin entstehen." Dieser Unterschied scheint bedeutungsvoll, nicht nur in
der Flinsicht, daß das ganze Liniensystem im Original infolgedessen weniger licht
gewirkt haben mag als in Bartolis Stich.

Auf einen entscheidenden Unterschied zwischen der Zeichnung Bartolis und dem
Befund im Grab selbst hat Fink nämlich nicht hingewiesen. Bartoli zeichnet die Stücke
der Kreisbögen in viel flacherem Bogen und läßt sie die Mittelhalbkreise an einer
höheren Stelle schneiden, als es in Wirklichkeit der Fall ist, wie der bei Fink56 abge-
bildete Stuckrest des Grabes beweist. Versucht man einmal, die auf diesem Stuckrest
erhaltenen Kreisstücke zu vollenden, wie es der Vorschlag Tafel 68,2 zeigt, so ergibt
sich, daß die beiden Halbkreise etwa den gleichen Durchmesser haben und daß sie
einander nicht schneiden, sondern nur berühren, und zwar im Schnittpunkt mit der
Grundkante, die zugleich die Linie des gemeinsamen Durchmessers ist, über dem die
Flalbkreise errichtet sind.57

Das Stück eines Kreisbogens, das auf dem Deckenputzrest des Nasoniergrabs
erhalten ist, gibt uns vielleicht den Schlüssel für das Verständnis der ganzen Deko-
ration in die Hand.

Was bei der Betrachtung des dekorativen Systems am meisten auffällt, ist die
Tatsache, daß sich über einem in drei gleiche Abschnitte geteilten Wandstück ein in
fünf gleiche Abschnitte geteilter Fries befindet und über diesem eine Decke ansetzt,
die in einen großen mittleren und zwei schmale seitliche Abschnitte zerlegt ist, wobei

55 Ebd. 69.

60 Ebd. Taf. 28, 2.

57 Eine gewisse Unstimmigkeit zwischen der Konstruktion und dem Malereirest ist
bei der unsorgfältigen Art der Ausführung des gesamten Grabschmucks nicht verwunder-
lich, vor allem darf die Tatsache, daß das Stück eines Kreisbogens in dem Zwickel etwas
flacher verläuft als die Lünettenrahmung, nicht von vorneherein zur Ablehnung des hier
gemachten Vorschlags führen. Es handelt sich ja bei der Konstruktion, die im Grabe ge-
wiß mit einem Schnurzirkel durchgeführt wurde, nur um das Liniengerüst, über das die
breiten farbigen Rahmenbänder mit dem Pinsel aus freier Hand aufgetragen wurden. Da-
bei wurden die Konstruktionshalbkreise wegen der gefälligeren optischen Wirkung offen-
bar in den Zwickeln verschliffen. Wichtig ist jedenfalls, daß der Modulus der Konstruk-
tion des Liniengerüstes auch hier wieder 3 Fuß beträgt.
 
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