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i39

Paulina56, nämlich als die Seelen der Verstorbenen. Im folgenden wird sich dies noch
deutlicher erweisen.

Zunächst zurück zu den beiden Meerwesensarkophagen im Vatikan und im
Praetextatmuseum, von denen wir ausgingen57. Wenn wir auf diesen das Bild vom
letzten Hafen des Menschen mit dem Meerthiasos verbunden sehen, dann kann man
dies doch nur so verstehen, daß die Meerwesen den Verstorbenen zu diesem Hafen
geleiten mögen. Nur deshalb, weil Meerwesen den Verstorbenen ins Land der Hin-
kunft geleiten, gab es überhaupt die Möglichkeit, in später Zeit die bildgewordene
Hafenmetapher mit dieser Vorstellung zu verbinden. Der Meerthiasos, der ursprüng-
lich den Verstorbenen über den Ozean zu den Inseln der Seligen geleitete, hat damit
allerdings seinen offenbaren mythischen Sinn verloren, er ist nur noch ein Symbol
für die letzte Fahrt des Menschen, die im Hafen des Todes endet.

B. Die Inseln der Seligen

Die oben dargestellte Verbindung zweier ursprünglich voneinander unabhängi-
ger Bildgedanken in ein und demselben Denkmal, nämlich die vom Hafen der Seele
und vom Meerthiasos, ist aber nicht die einzige, die wir auf diesen Sarkophagen be-
obachten. Es gibt noch eine andere, die unsere These von der anderen Seite her
stützen kann.

Unter den oben aufgeführten Sarkophagen mit Erotenschiffahrt findet sich näm-
lich einer, der die Hafenszenerie durch eine merkwürdige, aus drei Figuren bestehende
Mittelgruppe erweitert. Es ist ein bisher kaum beachteter Kindersarkophag im Museo
Chiaramonti des Vatikans58 (Taf. 73). Die mittelmässige Arbeit dürfte aus dem An-
fang des 4. Jhs. stammen. Auf den ersten Blick sehen wir die bekannten Elemente der
Sarkophage mit Erotenschiffahrt: runde und tempelartige Gebäude im Hintergrund,
eine Palme dazwischen, rechts die Hafenmole, im Vordergrund die Schiffe mit den
rudernden und musizierenden Eroten und Psychen. Uns interessiert zunächst die
eigentümliche Gruppe in der Mitte.

Eine hingelagerte weibliche Figur, die nur einen Mantel um den Unterkörper
geschlungen und dessen einen Zipfel von hinten über ihre linke Schulter geworfen
hat, umfängt mit dem rechten Arm die neben ihr sitzende, in Tunika und Mantel ge-
hüllte Gestallt, allem Anschein nach eines Jünglings, der in der Rechten einen Kranz
vor der Brust hält. Der Kopf dieses Jünglings ist in der Bosse stehen geblieben, war
also zur Ausarbeitung als Porträt bestimmt. Die weibliche Gestalt trägt ideale Ge-
sichtszüge. Mit der Linken streckt sie eine Schale aus, in die eine etwas höher auf
einem gesondert ausgearbeiteten Felsen stehende eigenartige Gestalt aus einem Rhy-

56 G. Bendinelli, NSc. 1922,428 ff. F. Wirth, Rom. Wandmal. (1934) Taf. 38. M. Borda,
La pittura rom. (1958) 314; vgl. o. Anm. I 346.

67 S. o. 135.

68 Boethius a. O. 178 Abb. 103.
 
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