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gingen erheblich auseinander126. Welche Hypothesen über die Zuwei-
sungen der einzelnen Fragmente an die Polyphem-Gruppe oder an an-
dere Gruppen die größere Wahrscheinlichkeit für sich hatten, konnte
nur durch eine gründliche und sachliche Diskussion in den dafür vorge-
sehenen Publikationsorganen geklärt werden. So wurde der Aufsatz
denn veröffentlicht, und es begann eine ungemein spannende wissen-
schaftliche Auseinandersetzung, die auch heute, ein Vierteljahrhundert
nach der Entdeckung der Skulpturen von Sperlonga, noch nicht abge-
schlossen ist und, wie sich abzeichnet, auch schwerlich jemals abge-
schlossen werden kann.

Es geht allerdings auch um nichts Geringeres als um die Datierung
und damit um die geschichtliche Einordnung des nach den Worten eines
der bedeutendsten Teilnehmers an dieser Diskussion, Peter Heinrich
von Blankenhagen127, »wohl berühmtesten Stücks antiker Skulptur«,
der Laokoon-Gruppe im Vatikan.

An dieser Stelle wird es den Leser interessieren, wer denn die ande-
ren Teilnehmer an dieser, zum Teil mit großer Heftigkeit, dann aber
wieder mit Gelassenheit und nicht selten auch mit einer gewissen Ober-
flächlichkeit geführten Diskussion kennenzulernen.

Einige besonders wichtige Persönlichkeiten, die sich um die Lösung
des schwierigen kulturgeschichtlichen Problems bemüht haben, sind
schon begegnet.

Es ist merkwürdig, daß der Ausgräber von Sperlonga, der den für alle
Zeiten grundlegenden ersten Bericht128 darüber vorgelegt hat, Giulio
Jacopi, später nicht mehr in die Diskussion eingegriffen hat. Giulio
Jacopi war nicht der Entdecker von Sperlonga.

Nachdem schon Rossini in seinem 1839 erschienenen Stich129 die
romantische Schönheit des Blicks aus der Höhle von Sperlonga auf die
antiken Reste der Tiberius-Villa und auf das Vorgebirge mit dem reiz-
vollen Fischerdörfchen bekannt gemacht hatte, war unseres Wissens der
erste Archäologe, der die Höhle betreten hat, Pacifico di Tucci, der im
Auftrag G. Fiorellis, des berühmten Ausgräbers von Pompeji, im Jahre
1880 nach Sperlonga gesandt worden war. Er berichtete130, im Zentrum
der Grotte einen Haufen barbarisch zerschlagener Marmorsplitter gese-
hen zu haben. Diese müssen zum halb aus der Verschüttung aufragenden
Oberkörper Skyllas gehört haben, von dem später keine Fragmente
mehr gefunden wurden. Zwar zeigte man dem Archäologen G.Patroni131,
der achtzehn Jahre danach Sperlonga besuchte, den Kopf und die linke
Hand einer großen Figur, in denen einige Wissenschaftler132 jetzt ver-
schollene Teile der Skylla-Gruppe erkennen wollen; doch ist dies eher
unwahrscheinlich, weil die Finder der Fragmente Patroni berichteten,

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