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S. 155 UNTRENNBAR ist die Skylla-Gruppe mit der Laokoon-Gruppe

^dysseufin verbunden, denn am Schiff des Odysseus ist die Signatur von drei Künst-
le« Fängen lern aus Rhodos angebracht. Sie tragen die Namen der gleichen aus

Skyllas.

Rhodos stammenden Künstler Athanadoros, Hagesandros und Polydo-
ros, von denen Plinius168 berichtet, daß sie auch die Laokoon-Gruppe
gemacht haben. Aus der Übereinstimmung von fünf Elementen, drei
Namen, Herkunftsangabe und unmittelbar vergleichbarer Bildhauerar-
beit geht unmißverständlich hervor, daß zumindest die Skylla-Gruppe
von den Laokoon-Meistern aus dem Stein gehauen wurde.

Diese erstaunlichste unter den vier mythologischen Gruppen von
Sperlonga ist leider bei weitem nicht so vollständig erhalten wie die Po-
lyphem-Gruppe, und auch die Bemühungen um ihre Rekonstruktion
sind noch nicht so weit gediehen wie die der anderen Gruppen. Dies liegt
auch daran, daß es im Fall der Skylla-Gruppe keine exakte Nachbildung
gibt, wie sie für die Polyphem-Gruppe im Relief von Catania, für die Pal-
ladionraub-Gruppe im Sarkophagrelief von Megiste in Athen169 oder
gar wie im Fall der Menelaos-Patroklos-Gruppe in maßgleichen Repli-
ken nicht nur einzelner Teile, sondern der ganzen Gruppe vorliegen. Bei
der Skylla-Gruppe scheint nur eine Prägung170 auf Einlaßmarken für
den Circus aus spätantiker Zeit, den nach ihrem Randschlag Kontor-
niat-Medaillons genannten Bronzechips von der Mitte des 4. Jahrhun-
derts eine gewisse Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen der
Gruppe zu geben.

Danach und nach den bisher der Skylla-Gruppe zugewiesenen und in
einem beachtlichen Rekonstruktionsversuch von Baldo Conticello und
Vittorio Moriello171 zusammengefügten Fragmenten läßt sich über die
Skylla-Gruppe von Sperlonga folgendes aussagen: Sie stand in der Mitte
des runden Beckens in der Tiberius-Höhle auf einem kubischen opus
caementicium-Sockel, dessen Auflagefläche den Wasserspiegel nicht
überragte. Das Schiff des Odysseus, von dem nur das Heck mit dem
hochgebogenen Aphlaston dargestellt ist, einer Verzierung, in der die
nach oben gekrümmten Spanten des Schiffrumpfes zusammengefaßt
werden, scheint durch die Fluten dicht am Felsen der Skylla vorbeizu-
gleiten. Am Aphlaston klammert sich mit der Rechten ein Schiffer im
kurzen die eine Schulter freilassenden Chiton fest. Mit haltsuchend nach
hinten gestreckter Hand ist er auf den Heckzierat gestürzt, so daß seine
Unterschenkel in die Luft schlagen. Es ist nicht klar, ob Skylla ihn am
Schopf gepackt hält, wie es die Darstellung auf den Kontorniat-Medail-
lons zeigt. Bisher ist es jedenfalls nicht gelungen, die riesige, fleischige
Rechte Skyllas, die eine Schädelkalotte so von der Seite umgreift, daß
zwischen Daumen und Zeigefinger ein Streifen der Stirn unter dem

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