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hen, den es für die Kunst zu erobern gilt. Erst jetzt sind die Vorausset-
zungen für eine Gruppengestaltung gegeben, wie sie in den Großen und
Kleinen Attalischen Galliern246, in der Menelaos-Patroklos-Gruppe247,
im berühmten Ganswürger des Boethos248 oder in der Laokoon-Gruppe
verwirklicht werden. Die Orthogonalität ist hier durch Rundheit ersetzt,
die Glieder der nicht selten in einer eindrucksvollen Körpertorsion wie-
dergegebenen Figuren greifen frei in den Raum hinaus, der dadurch in
seiner optischen Qualität erfahrbar wird.

Von allen genannten und anderen berühmten Gruppenschöpfungen
kann man eigentlich nur zwei aus äußeren, historischen Kriterien genau
datieren, nämlich die beiden von den Attaliden aus Pergamon gestifte-
ten Anatheme: erstens das große Weihgeschenk Attalos I. für den Sieg
an den Quellen des Kaikos im Jahre 230 v. Chr., von dem Marmorko-
pien einiger Figuren, darunter die ludovisische Gruppe »Der Gallier und
sein Weib« im römischen Nationalmuseum und der »Sterbende Gallier«
im Kapitolinischen Museum überliefert sind. Zweitens das Kleine Weih-
geschenk Attalos II., das nur wegen des zwei Ellen hohen Formates der
Figuren klein genannt wird, in der Nebeneinanderstellung der Gigan-
ten-, Amazonen-, Perser- und Gallierkämpfe zu einer vielfigurigen
Komposition aber alles andere als klein war. Dieses Werk war ein Votiv
für den Endkampf der Pergamener mit den Galliern in Kleinasien vom
Jahre 165 v.Chr. und muß in der Regierungszeit Attalos II. zwischen
159 und 139 v.Chr. entstanden sein. Wenigstens zehn Figuren daraus
sind in römischen Marmorkopien im Vatikan, in Neapel, in Venedig, in
Aix en Provence und im Louvre erhalten.

Diese beiden Werke, zwischen deren Entstehungszeit sich die hoch-
hellenistische Kunst entfaltet, können die Entwicklungstendenz in
dieser Epoche aufzeigen, deren im Original erhaltenes Hauptwerk der
Pergamonaltar249 ist. Damit ist der Anfang einer kunstgeschichtlichen
Reihenbildung gegeben, an die man auch die anderen großen hellenisti-
schen Gruppenschöpfungen, sowohl die vier in Sperlonga kopierten als
auch die Skylla-Gruppe aus der Villa Hadriana, anschließen kann. Be-
sonders diese Gruppe kann nun einen Hinweis auf die mögliche Entste-
hungszeit der in der vatikanischen Laokoon-Gruppe überlieferten origi-
nalen Gruppenkomposition geben. Denn diese Gruppe muß, wie unten
noch auszuführen ist, noch im 2. Jahrhundert v. Chr. geschaffen worden
sein. Sie zeigt von allen bekannten Gruppenschöpfungen die engste
Verwandtschaft zur Laokoon-Gruppe, erweist sich aber auch als unmit-
telbar abhängig vom Kleinen Attalischen Weihgeschenk und von der um
150 v.Chr. datierten Kultgruppe des Damophon von Messene aus
Lykosoura im Athener Nationalmuseum.250

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