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Im Fall der Skylla-Gruppe aus der Villa Hadriana aber war Heinrich
Schroeteler die treibende Kraft. In einer aussichtslos erscheinenden
Überlieferungslage hat er nicht aufgegeben, sondern immer neue Lö-
sungsvorschläge erarbeitet und in unermüdlichen Rekonstruktionsan-
sätzen zu bestätigen versucht, bis nach zwölfjähriger Arbeit wenn schon
nicht das Kunstwerk wiederhergestellt, so doch eine solche Fülle von In-
formationen über dessen Eigenart zusammengetragen war, daß man nun
auch die Vorstellung Kaiser Hadrians von Odysseus in die Geschichte
der Darstellungen dieses unerschöpflichen Mythenthemas einordnen
kann.

Die Villa288, die Kaiser Hadrian in seiner Regierungszeit von
117-138 n. Chr. in der römischen Campagna zu Füßen der Berge von
Tivoli errrichten ließ, übertrifft alle anderen Kaiservillen an Größe,
Vielfalt und Pracht bei weitem. Vieles, was in den früheren Villen ent-
wickelt worden war, nimmt sie auf und verwandelt es sich an, indem
Grundriß und Aufriß der Vorbilder in eine mit Zirkel und Lineal kon-
struierbare Form gebracht wurden.

In einer Lebensgeschichte Kaiser Hadrians aus dem späten 4. Jahr-
hundert n. Chr., die unter dem Namen Aelius Spartianus überliefert
wird, in Wahrheit aber das Werk des gleichen Autors ist, der auch die
anderen Kaiserviten der Historia Augusta verfaßt hat, wird berichtet289,
der Kaiser habe in den einzelnen Komplexen dieser Villa Erinnerungen
an berühmte Orte oder Bauwerke, die er auf seinen vielen Reisen be-
sucht hatte, in baulicher Gestalt festhalten wollen. Von den dort genann-
ten Lycium, Academia, Prytanium, Picile, Tempe, Inferi und Canopus
konnte man unter der Voraussetzung, daß die Notiz der Historia Augu-
sta zutreffend ist, bisher nur das letztere, also das Canopustal, mit einiger
Wahrscheinlichkeit identifizieren, so vollkommen ist die Transposition
der bewunderten Bauten aus den besuchten Gegenden in den ganz aus
dem Geiste der vorhergehenden römischen Architektur gestalteten An-
lagen der Villa Hadriana.

Das Canopustal ist daher für die Eigenart des hadrianischen Bauwil-
lens von besonderer Bedeutung, denn in diesem Fall kann man einmal
das Vorbild, nämlich den Nilarm von Kanopos bei Alexandria in Ägyp-
ten mit seinem Serapis-Tempel, einem beliebten Ausflugsziel der groß-
städtischen Bevölkerung im Nildelta, mit der phantastischen Umsetzung
in der Hadrians-Villa unmittelbar konfrontieren. Vergleichbar ist ei-
gentlich nichts außer der Tatsache, daß sowohl im Nilarm, an dem das
Serapäum lag, als auch im Euripus, das heißt dem langgestreckten Bek-
ken im Canopustal der Villa Hadriana. Wasser floß. Alles andere ist so
verschieden, daß man überhaupt an der Übereinstimmung, ja sogar an

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