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der, den Kopf nach links, auf dem Rücken liegt. Mit dem rechten, leicht
gewinkelten Arm versucht er, die linke Tatze des Hundes wegzudrän-
gen, wobei er die Hand in gewaltsamer Weise drehen muß. Diese Bewe-
gung ist in der Haltung des Unterarmes nicht angelegt und wirkt deshalb
unnatürlich. Noch merkwürdiger ist, daß an dem linken stark gebeugten
Arm, dessen Handgelenk der Hund mit dem Maul umschließt und zer-
malmt, offensichtlich eine rechte Hand sitzt. Sie kommt (vom Beschauer
aus) links aus den Lefzen des Hundes heraus und umklammert dessen
Schnauze. Man sieht deutlich die zum Auge des Hundes hin an Länge
zunehmenden drei äußeren Finger, den kleinen Finger, den Ringfinger
und den Mittelfinger, dann den wieder etwas kürzeren Zeigefinger und
links davon, über dem Winkel des Hundemaules, den abgespreizten
Daumen.

An dieser Stelle verrät der Steinmetz, daß er sich seine Anregung bei
der Skylla-Gruppe aus dem Canopustal oder bei deren Vorbild geholt
hat. Denn dort versucht der nach links hingestreckte Gefährte den Hun-
dekopf, der ihn anfällt, mit der rechten Hand wegzudrängen. So überlie-
fert es jedenfalls das Protomenfragment im Vatikan. Als der Steinmetz
des Tischfußes die drei vorderen Hundeprotomen seines Vorbildes in
eine einzige zusammenzog, übernahm er, offenbar ziemlich gedanken-
los, die rechte auf der Wange des linken Hundes liegende Hand des
Unglücklichen, obwohl er dessen Armen und auch dem Hund, der ihn
anfällt, eine andere Bewegung gegeben hatte.

Wenn der Rekonstruktionsvorschlag zutrifft, hatte der in der Lei-
besmitte der Skylla sitzende Hund beim Vorbild den Kopf mit vorge-
wölbtem Brustbein hochgestreckt, wie Hunde es zu tun pflegen, die ei-
nen Bissen hochwerfen, um ihn günstiger mit den Reißzähnen auffangen
zu können. Dementsprechend hebt auch der mittlere Hund am Tischfuß
den Kopf.

An dieser Skylla ist alles stärker auf die Frontansicht bezogen; des-
wegen ist auch die Körper- und Armbewegung des unter dem Hund lie-
genden Mannes weniger tordiert. Bei dieser Bewegungsänderung ist
dem Bildhauer aber der erwähnte Fehler unterlaufen, daß er die rechte
Hand des Vorbildes an den linken Arm seiner Umbildung gesetzt hat.
Da man nur auf diese Weise eine Erklärung für eine solche Ungereimt-
heit finden kann, muß dies als eine indirekte Bestätigung gelten, daß die
Tischfuß-Skylla aus der Villa des Kaisers Hadrian von der Skylla-
Gruppe (oder deren Vorbild) aus der gleichen Villa abhängig ist.

Diese Tatsache ist für die Beurteilung der schöpferischen Kräfte ha-
drianischer Zeit nicht uninteressant. Als eigenständiges, in seiner dra-
matischen Komplexität durchdachtes und phantasievoll ausgestaltetes

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