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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0038

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Die Bildnisse des Seleukos I. und des Demetkios Poliorketes

die aus den Diadochenkämpfen hervorgegangen waren. Es ist des-
halb für die Beurteilung der hellenistischen Geschichte aus dem
Blickwinkel der Kunst sinnvoll, an die Betrachtung des Bildnisses
von Seleukos dasjenige der ersten Könige der beiden anderen Gross-
mächte, das heisst der Antigoniden und der Ptolemäer, anzuschlies-
sen. Seleukos und Ptolemaios waren dem Vorbild von Antigonos
und dessen Sohn Demetrios Poliorketes gefolgt und hatten bald
nach jenen im Jahre 305/4 den Königstitel angenommen, den sie auf
die Zustimmung ihrer Makedonenheere gründeten.

Ein Bildnis des Antigonos mit dem Beinamen Monophtalmos, der
Einäugige, ist, wie schon erwähnt, nicht überliefert. Es wäre interes-
sant zu sehen, ob und wie die Porträtisten den durch eine Kriegs-
verwundung verursachten Verlust des Auges beim Begründer der
Antigonidendynastie dargestellt haben. Eine gewisse Vorstellung
davon kann das Miniaturporträt Philipps II. von Makedonien
(382-336 v. Chr.) aus seinem Grab bei Vergina geben, wo eine Kerbe
über dem Auge Zeugnis von einer ähnlichen Verletzung gibt. Dieses
Bild ist allerdings noch der spätklassischen Stilstufe zuzuordnen.

Für das Bildnis eines Antigoniden, das man zum Vergleich mit
den ersten Königen der beiden anderen Dynastien, der Seleukiden
und der Ptolemäer, heranziehen muss, steht nur das des Demetrios
Poliorketes, des Sohnes und Mitregenten des Antigonos, zur Verfü-
gung-

Demetrios war ein ausserordentlich schöner Mann. Plutarch (De-
metrios 2) überliefert eine zeitgenössische Quelle, in der es heisst:
"Demetrios erreichte nicht die Körpergrösse seines Vaters, obschon
er auch gross war, aber seine Gesichtsbildung war von so erstaunli-
cher, ungewöhnlicher Schönheit, dass kein Bildhauer und kein Ma-
ler ihn ganz zu treffen vermochte; denn sein Antlitz besass zugleich
Anmut und Ernst, Furchterregendes und Anziehendes, und mit der
jugendlichen Kühnheit verband sich eine schwer wiederzugebende,
gleichsam heroische Erscheinung und königliche Majestät." Hier
findet man bei einem literarischen Porträt einer am Anfang der hel-
lenistischen Epoche lebenden und diese entscheidend mitbestim-
menden Persönlichkeit die gleichen Begriffe, die Xenokrates neben
dem Realismus als wesenhaft für die Kunst dieser Zeit erklärt hatte:
Schönheit und Majestät.

Stellt man dem literarischen das rundplastische Porträt aus der
Villa der Papyri gegenüber, so kann man die Tragfähigkeit der Be-
griffe erproben. Das Bildnis des Demetrios, der sich auch auf seinen
Münzen mit den Hörnern des Dionysosstieres darstellen Hess, ist
durch kleine Hörner im fülligen Haar gekennzeichnet. Das eben-
mässige Oval des Gesichtes ist nicht durch kräftige Falten individu-
Bwnzestatucttc e" gestaltet, aber eine deutliche Asymmetrie in der Anordnung der

Neapel, Mus. Arch. Augen, deren linkes höher sitzt als das rechte, die zarte Querfalte
Um 300 v. Chr. über der Herauswölbung der unteren Stirnpartie, die sanften Fur-

Detnetrios Poliorketes

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